Bistum Hildesheim: Betroffenenrat unterstützt kritischen Pfarrer

Ein Priester kritisiert die Missbrauchs-Aufarbeitung im Bistum Hildesheim. Bischof Wilmer setze nicht um, was er versprochen habe. Der weist die Kritik zurück. Die Stadtgesellschaft hält zum Pfarrer.

Sexueller Missbrauch in der Kirche wurde lange Zeit verschwiegen
Sexueller Missbrauch in der Kirche wurde lange Zeit verschwiegenepd-bild / Heike Lyding

Der Betroffenenrat Nord unterstützt den katholischen Pfarrer Matthias Eggers in seiner Kritik am Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer. Das Gremium solidarisiere sich mit dem Pfarrer der St. Petrus Gemeinde in Wolfenbüttel, heißt es in einer Stellungnahme. Der Bischof habe Eggers aufgefordert, freiwillig vom Amt des Pfarrers zurückzutreten, und sich ein Amtsenthebungsverfahren vorbehalten. Eggers habe mit seiner offenen Kritik „aus Sicht der Bistumsleitung dem Volk Gottes Schaden zugefügt“. In einem Zeitungsinterview vom 17. Mai hatte der Pfarrer dem Bistum und Wilmer mangelnden Aufklärungswillen in Missbrauchsfällen vorgeworfen. Das Bistum weist die Vorwürfe zurück.

Nicht Eggers Kritik schade dem Volk Gottes, sondern eine Kirche, die Missbrauch betreibe, vertusche und die Täter schütze, betonte der Betroffenenrat, der sich aus Personen zusammensetzt, die sexuelle Gewalt durch Priester oder andere Mitarbeiter in den katholischen Bistümern Hildesheim, Hamburg und Osnabrück erlitten haben. „Wir rufen Bischof Wilmer auf, sein Ultimatum zu überdenken, Pfarrer Eggers als Seelsorger wertzuschätzen und sein Wissen um die Verletzungen von Betroffenen zu würdigen und zu nutzen.“

Bischof und die Bistumsleitung: Kritik pauschal und unfair

Das Bistum bestätigte, dass es am 23. Mai ein Personalgespräch mit Eggers gegeben habe, das allerdings bereits vor dem Zeitungsinterview, in dem er die Kritik äußerte, terminiert gewesen sei. Eggers, der seit 2006 als Pfarrer in St. Petrus arbeite, sei gebeten worden, auf seinen Posten in der Gemeinde zu verzichten und künftig andere, nicht leitende Aufgaben zu übernehmen, sagte Bistumssprecher Volker Bauerfeld dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wilmer habe Eggers eine Frist von 15 Tagen eingeräumt.

Der Bischof und die Bistumsleitung empfänden die Kritik als pauschal und unfair. Sie erwecke den Eindruck, das Bistum bleibe in puncto Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt untätig. Ganz im Gegenteil habe die Bistumsleitung bereits viel getan, etwa Studien in Auftrag gegeben und das Personal für die Aufarbeitung aufgestockt.

Kirchengemeinde steht hinter ihrem Pfarrer

Die Kirchengemeinde unterstützt hingegen ihren Pfarrer, sagte die Kirchenvorstandsvorsitzende Christiane Kreiß dem epd. Messdiener hätten ein Zeichen setzen wollen und über ihre Social-Media-Kanäle zum Gottesdienstbesuch am Sonntag aufgerufen. Auch die Gremien stünden auf Eggers Seite und hätten eine Solidaritäts-Unterschriftenliste gestartet, die am Sonntag während des Gottesdienstes bereits mehr als 900 Menschen unterzeichnet hätten, sagte Kreiß. Die Juristin leitet die Pfarrei gemeinsam mit Pfarrer Eggers.

 

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Von vielen Gemeindemitgliedern höre sie Unverständnis über die Reaktion des Bischofs, „als handle es sich um Majestätsbeleidigung, wenn jemand sagt, es sollte schneller gehen mit der Aufarbeitung“. Die Menschen teilten die Auffassung von Eggers. Der Streit zeige nach Ansicht vieler, „dass die Kirche immer noch zuerst die eigenen Interessen und den Klerikerapparat schützt“. Eggers habe sich über Jahre Expertise erworben und sei mit vielen Betroffenen im Gespräch.

Matthias Eggers will weiter Kritik äußern

Der Bürgermeister von Wolfenbüttel, Ivica Lukanic (parteilos) stellte sich mit einem offenen Brief ebenfalls hinter den Pfarrer und kritisierte die Reaktion des Bischofs. Nicht der Pfarrer sei es, der dem Volk Gottes großen Schaden zufüge, sagte Lukanic an Wilmer gerichtet: „Mit Verlaub, dies machen Sie mit Ihrer völlig übertriebenen Reaktion.“

Auch Eggers selbst wehrte sich gegen die Auffassung des Bistums, seine Kritik sei zu pauschal. Er habe gegenüber der Bistumsleitung immer wieder konkrete Fehler und Mängel benannt, sagte er dem epd. So seien viele Pfarreien bis heute nicht über Missbrauchsfälle, die sich in der Vergangenheit ereignet hätten, informiert. Namen rund um ein mutmaßliches Täternetzwerk des ehemaligen Bischofs Heinrich Maria Janssen würden nicht genannt. Meldungen über mutmaßliche sexualisierte Gewalt seien teilweise nicht an die zuständige Interventionsstelle weitergegeben worden.

Aber Wilmer und die Bistumsleitung hätten auf diese und weitere Kritikpunkte nicht reagiert. „Deshalb ärgert es mich, dass sie mir unterstellen, ich würde keine konkreten Fehler benennen.“ Ob er der Bitte, die Leitung der Pfarrei aufzugeben, nachkommen werde, habe er noch nicht entschieden, sagte Eggers. Er wolle auch deeskalieren. Aber er werde auf jeden Fall in seinem Internetblog weitere konkrete Kritikpunkte auflisten.