Massenproteste gegen Linksregierung in Kolumbien
Hunderttausende haben am Sonntag gegen die Politik des linksgerichteten Präsidenten Gustavo Petro demonstriert. Während die Präsidentenberaterin die Regierung zum Nachdenken aufruft, schimpft Petro auf seine Kritiker.
Katastrophale Umfragewerte, umstrittene Reformvorhaben und ein Friedensprozess, der nicht vorankommt: Am Sonntag sind in Kolumbien Hunderttausende Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen den ersten linksgerichteten Staatspräsidenten Gustavo Petro zu protestieren. Kolumbianische Medien sprachen von den bislang größten Demonstrationen seit Petros Amtsbeginn im August 2022. Laut Umfragen liegt die Zustimmung für ihn wenige Wochen vor Halbzeit der vierjährigen Amtszeit auf dem bislang niedrigsten Stand bei gerade mal 30 Prozent.
Kritiker warfen Petro vor, mit einem kurzfristig verkündeten Feiertag am Freitag versucht zu haben, über ein dadurch geschaffenes langes Wochenende den Protesten den Schwung zu nehmen. Dennoch versammelten sich allein in Bogota Zehntausende Menschen und forderten ein vorzeitiges Ende der Regierung. Die nächsten turnusmäßigen Parlaments- und Präsidentenwahlen finden 2026 statt.
Der Präsident sprach von landesweit rund 250.000 Menschen bei den Protesten und warf den Demonstranten vor, von Hass gegen die Linksregierung getrieben zu sein. Die Ablehnung seiner Reformprojekte stütze sich auf in den Sozialen Medien verbreiteten Hass und Lügen, schrieb Petro auf X (vormals Twitter). Die Gegner seiner Regierung sehnten sich offenbar nach offener Unterdrückung, paramilitärischen Massakern und Morden an jungen Menschen.
Präsidentenberaterin Laura Sarabia, die als eine der engsten Vertrauten Petros gilt, rief angesichts der massiven Proteste zu Selbstkritik und Nachdenken in der Regierung auf. Innenminister Luis Fernando Velasco hob den friedlichen Charakter der Proteste hervor: “Die Bürger, die beschlossen haben, heute in Kolumbien zu demonstrieren, haben dies friedlich getan. Aus diesem Grund erkennen wir den guten Ton der Märsche an”, sagte Velasco laut “El Tiempo”.
Petro kämpft derzeit mit mehreren Baustellen: Der Friedensprozess mit der Rebellengruppe ELN und FARC-Dissidenten tritt auf der Stelle. Immer wieder kommt es zu Brüchen des Waffenstillstands; eine Fortsetzung der Gespräche steht auf der Kippe. Unterdessen ist die Kokain-Produktion deutlich gestiegen. Nichtregierungsorganisationen berichten, dass die Guerillagruppen auf dem Land das Nichteinschreiten der Sicherheitskräfte während der Friedensgespräche genutzt hätten, um ihre Machtposition auszubauen.
Für scharfe Kritik sorgte zuletzt auch ein Vorschlag Petros, mit einer verfassungsgebenden Versammlung die Machtbefugnisse des Kongresses zu beschneiden, in dem die Opposition die Mehrheit hat. Der Kongress müsse sich nach dem Willen des Volkes richten, so der Präsident. Dort scheiterte er zuletzt mit Reformprojekten. Die rechtsgerichtete Opposition warf Petro daraufhin vor, einen Staatsstreich nach venezolanischem Vorbild durch die Hintertür zu planen.