Pop-Ikone Madonna bittet den Papst, nach Gaza zu reisen. Er sei der einzige, dem man die Einreise nicht verweigern könne. Der Appell wird auch im Vatikan gelesen – hat aber wohl keine Erfolgsaussichten.
Mit einem ungewöhnlichen Appell hat sich die US-amerikanische Sängerin Madonna (66) an ihren Generationsgenossen und Landsmann Papst Leo XIV. (69) gewandt. Am Geburtstag ihres Sohnes Rocco schrieb sie auf Sozialen Medien von ihren Gefühlen als Mutter angesichts der sterbenden Kinder im Gazastreifen. Sie bitte jeden, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um die Kinder in diesem Krieg zu retten.
Angehängt war ein 15 Zeilen langer Appell an den Papst, in dem sie ihn respektvoll als “Most Holy Father” anredet. Darin schrieb sie: “Bitte reisen Sie nach Gaza und bringen Ihr Licht den Kindern dort, bevor es zu spät ist.” Und weiter: “Die humanitären Zugänge müssen weit geöffnet werden, bevor es zu spät ist.”
Zwei Gründe führt die katholisch getaufte, später aber in Richtung jüdischer Mystik weitergewanderte US-Amerikanerin an, warum sie sich ausgerechnet an den Papst wendet. Zum einen sei er “ein Mann Gottes”, der da etwas bewirken könne, wo die Politik an ihre Grenzen stößt. Und zum anderen sei er “der einzige von uns, dem man den Zugang nicht verwehren kann”.
Mit diesem Argument und dem Wunsch nach dem nahezu wundersamen Eingreifen des Papstes als “Weißem Ritter” in einer ausweglosen Situation folgt die Sängerin einem bekannten Muster. Reise-Appelle an den Papst (damals Johannes Paul II.) hatte es 1994 in Sarajevo gegeben, als die bosnische Hauptstadt von serbischen Scharfschützen beschossen wurde. Und 2003 vor dem zweiten Irak-Krieg gab es ähnliche Ideen. Damals hieß es unter Friedensaktivisten: Wenn der Papst nach Bagdad reiste, würde die US-Airforce ihren Angriff zumindest eine Weile aussetzen. Das könnte dann ein neues Zeitfenster für Verhandlungen öffnen.
Zuletzt gab es auch im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine Appelle an den Papst (damals noch Franziskus): Er solle nach Kiew reisen, um durch seine Anwesenheit die russischen Raketen und Drohnen zu stoppen.
Realisiert wurden solch riskante Einsätze des Papstes in laufende Konflikte noch nie – sieht man einmal vom Handeln von Papst Pius XII. im Juli 1943 im Zweiten Weltkrieg in Rom ab. Durch persönliches Auftreten in dem von US-Bombern getroffenen Stadtteil San Lorenzo und direkte Telegramme an US-Präsident Franklin Delano Roosevelt trug der Papst damals vermutlich entscheidend dazu bei, dass Italiens Hauptstadt nicht weiter bombardiert wurde.
Doch das alles geschah in Rom, in der Bischofsstadt des Papstes, und nicht bei einer Auslandsreise des Kirchenoberhaupts. Solche Reisen sind, vor allem wenn sie in Konfliktgebiete gehen, diplomatische, politische und oft auch religionspolitische Drahtseilakte. Sie erfordern monatelange Verhandlungen und Vorbereitungen. Und realisiert werden sie unter einem hohen Aufwand an Logistik und Sicherheitsvorkehrungen. Dabei geht es nicht nur darum, die Person des Papstes zu schützen, sondern auch um die Vermeidung religiöser und politischer Konflikte, die ein “verunglückter” Papstbesuch in einer Region auslösen könnte.
Mindestens zweimal entging ein Papst bei Auslandsreisen in ein Krisengebiet relativ knapp einem Attentatsversuch: Als Johannes Paul II. im Jahr 1997 endlich doch nach Sarajevo reisen konnte, wurde unter einer Brücke, die sein Konvoi überqueren sollte, noch wenige Stunden zuvor ein Sprengsatz entschärft. Noch brenzliger ging es beim Besuch von Papst Franziskus in Bagdad 2021 zu. Wie der Papst selbst später enthüllte, waren gleich zwei Selbstmordattentäter auf ihn angesetzt – konnten aber von den Sicherheitskräften rechtzeitig “ausgeschaltet” werden.
Was es bedeuten würde, wenn der Papst “einfach mal so” nach Gaza reisen würde, vermögen sich die bei einem solchen Besuch involvierten Behörden und Sicherheitskräfte nicht einmal in ihren schlimmsten Träumen auszumalen. Eine Verwirklichung der Idee von Madonna ist daher so gut wie unmöglich.
Dennoch ist es nicht ausgeschlossen, dass der Vatikan auf den Appell in irgendeiner Weise reagiert. Dem Popstar Madonna folgen auf dem Kurznachrichtendienst X knapp drei Millionen Menschen. Unter ihnen ist auch der Vatikan-Journalist Salvatore Cernuzio, der für die italienischsprachigen Inhalte im Portal “Vatican News” zuständig ist. Er gilt als einer, der Zugang zum Papst hat.