“Lutherische Kirche in Ungarn ist in der Gesellschaft sehr präsent”

Die evangelisch-lutherischen Kirchen aus Ungarn und Bayern feiern ab diesem Donnerstag (26. September) bis Sonntag mit einem mehrtägigen Fest in Würzburg ihre seit rund 30 Jahren bestehende Partnerschaft. Mehr als 300 Menschen aus beiden Kirchen werden erwartet, unter den Festgästen sind neben der ungarischen Kirchenleitung rund um Bischof Tamás Fabiny auch der bayerische Landesbischof Christian Kopp und die bayerische Diakoniepräsidentin Sabine Weingärtner. Der Würzburger Dekan Wenrich Slenczka erklärt als Mit-Gastgeber, weshalb solche Kirchenpartnerschaften so wichtig sind.

epd: Die Partnerschaft zwischen den Lutheranern aus Bayern und Ungarn ist erst nach dem Ende des Kalten Krieges entstanden. Wie genau kam das damals zustande?

Slenczka: Der Beginn liegt noch vor meiner Zeit in kirchlichen Diensten. Es ging zu Beginn auch um Wiederaufbauhilfe für die Kirchen in Mittel- und Osteuropa, die durch die antireligiöse Politik in Sowjetzeiten materiell in Not waren. Zugleich konnten wir im Westen von ihnen erfahren, wie der christliche Glaube gerade da trägt, wo er unterdrückt und verfolgt wird. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) hat in dieser Zeit die Partnerschaft zur lutherischen Kirche in Ungarn gesucht. Andere Landeskirchen haben mit Kirchen anderer Länder im ehemaligen Ostblock Kontakte geknüpft oder vorhandene unter den neuen Bedingungen weiterentwickelt.

epd: In einem vereinten Europa mit – zumindest bislang – weitgehend offenen Grenzen: Wozu braucht es da auf kirchlich-konfessioneller Ebene noch eigene Partnerschaften?

Slenczka: Das ist ganz einfach: Offene Grenzen schaffen noch keine persönlichen Kontakte. Der christliche Glaube kennt eigentlich keine Grenzen, sondern begründet eine weltweite Gemeinschaft. Erfahrbar wird das in persönlichen Kontakten, wie sie in den vielfältigen Partnerschaften von Gemeinden, Kitas, Schulen, Diakonie und so weiter zwischen Ungarn und Bayern bestehen. Das Partnerschaftsfest in Würzburg wird ein Bild davon zeigen. In den Partnerschaften vergewissern sich die Kirchen ihrer weltweiten Gemeinschaft. Sie öffnen sich damit und werden nicht geschlossene Gesellschaften.

epd: Bei Partnerschaften geht es oft ums gegenseitige Kennenlernen und voneinander Lernen: Was glauben Sie, was haben beide Seiten jeweils von der anderen gelernt?

Slenczka: In den Partnerschaften öffnen sich Kirchen und Menschen füreinander. Sie nehmen Unbekanntes auf und werden in Bekanntem bestärkt. Das ist wichtig dafür, dass die Kirchen sich auch gegenüber der Gesellschaft im eigenen Land öffnen. Sie müssen „hin zu den Menschen“ gehen und nicht nur warten, dass jemand durch eine schwer zu öffnende Tür hereinkommt. Für mich persönlich ist es eindrucksvoll, wie stark die Evangelisch-Lutherische Kirche in Ungarn durch Schulen und Diakonie auf die Menschen zugeht und in ihrer Gesellschaft eine konstruktive Rolle spielt. Sie ist damit viel präsenter im Land als es ihre relativ kleine Größe vermuten ließe. Die katholische und die reformierte Kirche in Ungarn sind sehr viel größer. (00/2839/24.09.2024)