Lesen, lesen, lesen

Neue Bücher mit christlichem Inhalt warten auf Leserinnen und Leser. Eine Auswahl

Alle Jahre wieder treffen sich im Oktober in Frankfurt am Main Bücherliebhaberinnen und Lesefreunde. Die Pforten der Buchmesse öffnen sich in dieser Woche. Und wie immer ist die Anzahl der Neuerscheinungen unüberschaubar. Eine Auswahl an christlicher Literatur findet sich auf dieser Seite.

„Heiterkeit gehört zur Signatur des christlichen Glaubens ebenso wie die Hoffnung“, schreibt Annette Kurschus, Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, in einem Beitrag für das Buch „Hoffnungsstur und Glaubensheiter“ der Badener Bischöfin Heike Springhart. Kurschus spricht von einer Hoffnung, die „unbeirrt“ ist, „aber nicht besserwisserisch. Zukunftsgewiss, aber illusionslos“. Sie sei gespannte Erwartung, auf ein gewisses Ziel hin ausgerichtet. „Eine kraftvolle Gegenbewegung in einer Welt, wo so vieles im Argen liegt und das Fürchten lehrt.“

Für Springhart sind Hoffnungssturheit und Glaubensheiterkeit Geschwister. Starke Kirchen brächten einen neuen Ton in die Gesellschaft. Darunter stellt sie sich frische Impulse in den sozialen Netzwerken vor, überraschende und leichte Formen auf den Marktplätzen und in Kooperationen mit andern im Sozialraum, theologisch anspruchsvolle Beiträge in Zeitungen, Impulse in der Bildungsarbeit, gut durchdachte und kraftvoll gestaltete Gottesdienste mit zugewandten Kasualien. Zu schön, um wahr zu sein! Aber eine Ermutigung, Kirche weiterzuentwickeln – mit Spaß an der Sache. as

Als Martin Luther 1521 vor dem Reichstag zu Worms stand und sich weigerte, seine Schriften zu widerrufen, stellte er die Weichen für die künftige Entwicklung in Deutschland und großen Teilen Europas. Diesem Schlüsselereignis der Weltgeschichte haben der Frankfurter Kirchenhistoriker Markus Wriedt und der Wormser Theologe Werner Zager als Herausgeber ein lesenswertes Buch gewidmet. Hinter dem nüchternen Titel „Martin Luther auf dem Reichstag zu Worms. Ereignis und Rezeption“ verbirgt sich eine Sammlung von Aufsätzen, die nüchtern sein mögen, aber gewiss nicht langatmig sind.

Markus Wriedt beispielsweise beschreibt lebendig und detailreich Luthers Auftritt in Worms nebst Vor- und unmittelbarer Nachgeschichte. Dabei scheut er sich nicht, am Sockel Luthers zu ruckeln. Etwa wenn er die Erwartung des Reformators, dass die Kirche sich wandeln würde, wenn sie ihre Irrtümer einsähe, naiv nennt. „Dass eine solche Wendung unter den gegebenen Umständen völlig illusionär war, sieht er im Grunde bis zu seinem Tod nicht ein“, schreibt Wriedt.

Ulrich Oelschläger nimmt sich die Sichtweise jüdischer Gelehrter auf Luther vor. Gemessen an dem, was der Reformator über die Juden schrieb, wäre es nicht verwunderlich gewesen, wenn diese auf ihn sehr reserviert reagiert hätten. Haben sie aber nicht, wie Oelschläger schreibt. In den Jahrzehnten und Jahrhunderten nach Worms habe es immer wieder jüdische Stimmen zu Luther gegeben, „die ihn dennoch für Freiheit und Toleranz in Anspruch im Sinne der Aufklärung nehmen und die wohl auch an seinen Auftritt in Worms anknüpfen“.

Werner Zager widmet sich dem Nachhall des Reichstags, der zu den Jubeljahren immer wieder deutlich vernehmbar wurde. Dabei macht er deutlich, wie sehr das Erinnern an Luthers Auftritt von der jeweiligen Epoche, in der es stattfand, geprägt wurde. „Feiern können und dürfen wir nicht“, stellte beispielsweise Prälat Ferdinand Euler fest, als er auf dem Jubiläum von 1921 sprach, als der Erste Weltkrieg erst kurze Zeit zurücklag und Worms von französischen Truppen besetzt war.
Der Blick weit über Luthers Auftritt in Worms hinaus auf die Wirkungsgeschichte bis heute ist ein zentrales Verdienst dieses informativen Sammelbands. nis

Klaas Huizing ist Professor für Systematische Theologie und theologische Gegenwartsfragen an der Universität Würzburg und ein begnadeter Erzähler. Feststellen lässt sich das wieder einmal in seinem neuen Buch „Lebenslehre“. In dieser Theologie für das 21. Jahrhundert befreit er Christinnen und Christen von ihrer Schuld. „Immer“ und „nie“ seien Begriffe, die Ehen ruinierten und auch die Beziehung zwischen Mensch und Gott. Gerade im protestantischen Milieu gebe es geradezu ein Faible für dieses radikale Vokabular. Die Neigung protestantischer Theologie zu den Immer- und Nie-Formulierungen macht er an der Identifikation mit der Figur des Propheten fest. Huizing verbindet seine Thesen stets mit persönlichen Erfahrungen. In den streng calvinistischen Gottesdiensten seiner Kindheit und Jugend sei er Zeuge dieser Prophetenkür gewesen. „Zunächst wurde in schwärzesten Farben das Immer und Nie-Vokabular in der Sündenstrafpredigt über uns ausgeschüttet. Prophetische Theologie ist Bluthochdruck-Theologie“, schreibt er. Anschließend sei der Pastor mit einer „tollkühnen Spitzkehre in das Heilsvokabular“ gewechselt. Dem Immer und Nie hätte das Allein und Ausschließlich korrespondiert. Bei ihm habe das zu einer wachsenden religiösen Appetitlosigkeit geführt. Außerdem müsse man sich zum Pfarramt berufen fühlen, habe die Großmutter ihm eingetrichtert. Trotzdem wurde es für ihn die Theologie – was für ein Glück! Denn Klaas Huizing schreibt locker und leicht, entdeckt in der Weisheitstheologie der Bibel eine Neubestimmung der Rede von Gott. Handfeste Beispiele aus den Weisheitstraditionen der Bibel können dem Leben Orientierung geben. Sie wiederzuentdecken heißt, beim Leben selbst in die Lehre zu gehen. as

Sich kurz und knapp auszudrücken, dabei aber Wesentliches zu sagen, das ist eine hohe Kunst. Der Art Directors Club Deutschland hat in einer ganzseitigen Traueranzeige für Vicco von Bülow, allen besser bekannt als Loriot, geschrieben: „Lieber Gott, viel Spaß!“ Mit dieser Geschichte beginnt Doris Joachim, Pfarrerin in Ruhe und ehemals beschäftigt im Zentrum Verkündigung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, das Werk „Kurz – Andachten und geistliche Impulse“. Sie hat das Materialbuch herausgegeben mit kurzen Andachten, geschrieben in erster Linie für den Rundfunk, kleinen Liturgien und liturgischen Bausteinen. Die Auswahl orientiert sich sehr übersichtlich an den Jahreszeiten und dem Kirchenjahr. Die Autorinnen und Autoren steuern sehr gute kurze Andachten bei. Gedacht sind sie für Ehrenamtliche, insbesondere auch Kirchenvorstände, die sich aus dem reichen Fundus bedienen können. Aber Doris Joachim möchte sie alle auch ermutigen und anleiten, selber eine Andacht zu schreiben, eine kurze, versteht sich, mit allem, was dazugehört. So kurz wie Loriots Nachruf muss es nicht sein, aber schnell auf den Punkt sollten die Verfasserinnen und Verfasser schon kommen. Das Buch ist dabei sehr hilfreich. as

Vor 2000 Jahren zieht ein lokaler Influencer, damals noch Wanderprediger genannt, durch sein Heimatland am Mittelmeer, sammelt einige Follower, damals Jünger geheißen, und bekommt nach seinem ausgefallenen Ableben in verschiedenen sozialen Gruppen so viele Likes, also begeisterte Zustimmung, dass sich daraus in erstaunlich kurzer Zeit die größte Glaubensgemeinschaft der Welt entwickelt. So fasst Fabian Vogt die Geschichte des Gottessohnes in einem Satz zusammen. Das Büchlein „Jesus für Eilige“ hat der Pfarrer für eben Eilige geschrieben – und vermutlich für eine jüngere Zielgruppe. Das jedenfalls legt der Sprachgebrauch nahe. Vogt beschreibt Jesus als „ziemlichen Partyhengst“, der ausgesprochen gesellig ist, als „absoluten Beziehungstyp“ und „einfühlsamen Seelsorger“. Jesus rede am liebsten von der Liebe, um die könne man werben oder sie vorleben, aber keinesfalls ließe sie sich erzwingen. Um Menschen zu gewinnen, erzähle Jesus Geschichten. Sie machten deutlich: „So fühlt sich das an, wenn jemand liebt oder wenn man aus ganzem Herzen geliebt wird.“ Der Autor liefert dazu stets die passenden Bibelstellen. Das macht er verständlich, Fachbegriffe lässt er weg. Für die Lektüre ist kein Theologiestudium vonnöten. Wer mehr von Jesus wissen will, seinen Impulsen, Wundern und Gleichnissen, ist mit dem Büchlein bestens bedient. as