Dem NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau entkam Leon Weintraub durch eine Augenblicks-Entscheidung. Heute warnt er als Zeitzeuge in Schulklassen vor dem Rechtsextremismus. Bald kann er seinen 100. Geburtstag feiern.
Leon Weintraub ist einer der letzten Überlebenden des Holocaust. Am 1. Januar 2026 wird er 100 Jahre alt. Seit vielen Jahren spricht er als Zeitzeuge der NS-Zeit mit Schülern. Das in Freiburg ansässige Maximilian-Kolbe-Werk organisiert die Begegnungen.
Weintraub sprach auch bei der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau am 27. Januar 2025. Dabei warnte er vor neuen Formen des Rassismus und appellierte an die jungen Menschen, wachsam zu sein. Man dürfe die Fehler der 1930er Jahre nicht wiederholen.
Weintraub wurde 1926 als Sohn einer jüdischen Familie im polnischen Lodz geboren und ging bis zum Kriegsausbruch 1939 sechs Jahre in die Schule. Sein Vater starb bereits 1927. Im Winter 1939 musste er mit seiner Mutter und seinen Schwestern ins Ghetto Litzmannstadt in Lodz umsiedeln, 1944 wurden sie ins NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert, wo er von seinen Angehörigen getrennt wurde.
Weintraub gelang es, Auschwitz zu entkommen – nach eigenen Worten durch eine spontane Augenblicks-Entscheidung. Er konnte sich unbemerkt von den Wachen einem Transport von Arbeitshäftlingen in ein Außenlager des KZ Groß-Rosen anschließen und entkam so der Ermordung. Danach wurde er in das Konzentrationslager Flossenbürg und schließlich ins KZ Natzweiler-Struthof gebracht. Die Befreiung erlebte Weintraub kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges durch französische Truppen in der Nähe von Donaueschingen.
Nach dem Krieg studierte er Medizin in Göttingen, kehrte 1950 nach Polen zurück und arbeitete als Gynäkologe in einer Frauenklinik in Warschau. 1969 verlor er in Folge eines damals zunehmenden Antisemitismus in Polen seine Anstellung als Oberarzt. Daraufhin wanderte er mit seiner Familie nach Schweden aus. Weintraub lebt heute mit seiner Frau Evamaria in Stockholm. 2022 erschien sein Buch “Die Versöhnung mit dem Bösen. Geschichte eines Weiterlebens”.