Landtagsausschuss befragt Experten zu Pandemie-Maßnahmen

Bei einer zweitägigen Anhörung hat der Gesundheitsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags Einschätzungen zum Management der Corona-Krise gesammelt. Am zweiten Tag der Befragung erklärte der Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, Günther Matheis, das wichtigste Ziel aller Maßnahmen sei erreicht worden: Zu keinem Zeitpunkt sei das hochgradig unter Druck geratene Gesundheitswesen zusammengebrochen.

Lars Schaade, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), erklärte, die Pandemie habe 2020 zu einem weltweiten Rückgang der Lebenserwartung um 1,6 Jahre geführt. Auch in Deutschland seien statistisch betrachtet trotz wirksamer Gegenmaßnahmen 2.600 Lebensjahre je 100.000 Einwohner verlorengegangen. Allerdings hätten Szenen wie in Frankreich, wo Intensivpatienten mit Atemgeräten im TGV in andere Landesteile oder in Nachbarstaaten evakuiert werden mussten, vermieden werden können.

Allein die Impfungen hätten 166.000 zusätzliche vorzeitige Todesfälle verhindert. Eine wichtige Lehre der Pandemie sei die Erkenntnis, dass es eine „nationale Reserve“ an Medikamenten, Verbrauchsmaterialien und Impfstoffen geben müsse, erklärte der RKI-Präsident.

Der Datenanalyst Tom Lausen warf Gesundheitsbehörden und politisch Verantwortlichen völlig überzogene Maßnahmen während der Pandemie vor. Angesichts historisch niedriger Belegungszahlen in den Kliniken seien diese nicht zu rechtfertigen gewesen. „Einen Lockdown gab es nicht einmal in den Pandemieplänen der Bundesregierung“, sagte er. „Diese Erfindung kam offenbar aus China.“ Lausen kritisierte Ärzte und Krankenhäuser, sie hätten trotz gesetzlicher Verpflichtung nur bei einem Bruchteil der Patienten Daten zum Impfstatus erhoben. Zur Einschätzung der Wirksamkeit wären die Zahlen dringend nötig gewesen.

Markus Mai, Präsident der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz, beklagte den hohen Anteil jüngerer Pflegefachkräfte, die nach der Corona-Krise mit ihrem Beruf haderten. Während der Pandemie hätten noch mehr Beschäftigte als zuvor angegeben, sie würden über einen Berufswechsel nachdenken. Der Anstieg sei glücklicherweise nicht extrem hoch gewesen. Nach seiner Wahrnehmung sei die Pflege insgesamt „mit einem blauen Auge“ durch die Krise gekommen.

„Wir haben uns im Gesundheitsausschuss viel Zeit genommen und insgesamt 17 Sachverständige zum Management der Corona-Pandemie in Rheinland-Pfalz angehört“, sagte der Ausschussvorsitzende Josef Winkler (Grüne) nach dem Abschluss der zweitägigen Sitzung. Die getroffenen Entscheidungen hätten sich „auch in der Rückschau überwiegend als richtig und notwendig erwiesen“. Allerdings sei klar, dass die Schulschließungen während der Pandemie nicht den erhofften Effekt gehabt hätten. Auch die psychischen Belastungen aufgrund der Kontaktbeschränkungen seien deutlich geworden.