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Landtag MV plant Staatsziel “Schutz jüdischen Lebens”

Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern will den Schutz jüdischen Lebens und jüdischer Kultur zum Staatsziel erklären. Die Fraktionen von SPD, Linke, CDU, Grüne und FDP wollen dafür die Landesverfassung ändern, wie die Fraktionen am Mittwoch mitteilten. Zuerst hatte der Norddeutsche Rundfunk (NDR) darüber berichtet. Die fünf Fraktionen bringen laut NDR für die geplante Verfassungsänderung die nötige Zweidrittelmehrheit zusammen. Der Vorschlag soll auf der Landtagssitzung in zwei Wochen beraten werden.

Geplant ist den Angaben zufolge, Artikel 18a Absatz 2 neu zu fassen sowie zu ergänzen um den Satz: „Im Bewusstsein der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands schützt und fördert das Land Mecklenburg-Vorpommern das jüdische Leben und die jüdische Kultur.“ Laut NDR soll die bestehende Extremismus-Klausel in Artikel 18 erweitert und dann auch „nationalsozialistisches und antisemitisches Gedankengut“ als verfassungswidrig benannt werden. Bisher werden in dem Artikel laut NDR nur Handlungen als verfassungswidrig bezeichnet, die rassistisches und anderes extremistisches Gedankengut verbreiten. Neu ist dem NDR zufolge auch eine Passage, in der der Staat und jeder Einzelne aufgefordert werden, „diesen entschieden entgegenzutreten“.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Julian Barlen sagte laut Mitteilung: „Nie wieder ist jetzt – das wollen wir in der kommenden Landtagssitzung bekräftigen, indem wir die Landesverfassung ändern und den Schutz jüdischen Lebens sowie die Zurückdrängung von nationalsozialistischem und antisemitischem Gedankengut mit aufnehmen.“ Jeannine Rösler, Vorsitzende der Linksfraktion, erklärte: „Wir wollen allen aufrichtigen Demokraten im Alltag und in der Verwaltung mit dieser Verfassungsänderung den Rücken stärken. In Zeiten, in denen Verfassungsfeinde immer lauter werden, setzen wir zudem ein klares Stoppzeichen.“

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Constanze Oehlrich, sagte: „Unsere historische Verantwortung verschwindet nicht – sie ist aktueller denn je. Nationalsozialistisches und antisemitisches Gedankengut darf in Mecklenburg-Vorpommern keinen Platz haben.“ Daniel Peters, CDU-Fraktionsvorsitzender: „In Deutschland erleben wir zunehmend besorgniserregende antisemitische Tendenzen, die sich teils in akademischen Milieus und auch unter Musliminnen und Muslimen zeigen – eine Entwicklung, die entschlossenes Gegensteuern erfordert.“

Der FDP-Fraktionsvorsitzende René Domke sagte: „Der Schutz jüdischen Lebens in Mecklenburg-Vorpommern ist Pflicht und Verantwortung zugleich für unser aller Zusammenleben…Jeder Form des Antisemitismus müssen wir als Gesellschaft entgegentreten – wir stehen fest an der Seite aller Jüdinnen und Juden.“

Die beiden jüdischen Gemeinden in MV haben laut NDR rund 1.100 Mitglieder. Laut Innenministerium sei die Zahl der antisemitischen Straftaten zuletzt deutlich gestiegen, berichtete der NDR. Im Jahr 2023 registrierte die Polizei 115 Straftaten, ein Jahr zuvor waren es noch 79.

Im November 2023 hatte der Bischofsrat der evangelischen Nordkirche nach früheren Angaben der Nordkirche mit seinem Wort gegen Antisemitismus die Solidarität mit allen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern bekundet. Darin sei das Bestreben der Landesregierung Schleswig-Holsteins unterstützt worden, den Schutz jüdischen Lebens in die Verfassung aufzunehmen, so wie es in Hamburg seit Anfang 2023 schon der Fall ist, hieß es. Die Nordkirche wünsche, dass Mecklenburg-Vorpommern diesem Bestreben folgt.