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Landesamt meldet “Reichsbürger” dem Verfassungsschutz

Behörden in Rheinland-Pfalz stufen Anhänger der sogenannten Reichsbürger-Szene zunehmend als Bedrohung ein. „Die ‘Reichsbürger’ sind nicht einfach nur irgendwelche Spinner mit absurden Ansichten“, sagte der Präsident des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung (LSJV), Detlef Placzek, am Montagabend in Mainz. Spätestens seit Bekanntwerden der Umsturzpläne durch die Gruppierung „Patriotische Union“ seien sich Ämter der Risiken bewusst. Alle auffälligen Schreiben von Bürgern, die beispielsweise mit Fantasiedokumenten ihre Lossagung vom deutschen Staat belegen wollten, würden mittlerweile an den Verfassungsschutz gemeldet.

Der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz schätzt, dass es landesweit etwa 950 Anhänger der „Reichsbürger“-Ideologie gibt. Allein die Dienststellen des LSJV hätten im laufenden Jahr bereits in 34 Fällen Kontakt zu mutmaßlichen Anhängern der „Reichsbürger“-Bewegung gehabt, erklärte Placzek, oft im Rahmen von Widerspruchsverfahren gegen Bußgelder. Die Behördenmitarbeiter seien dabei häufig mit überlangen, inhaltlich verworrenen Schreiben konfrontiert. „Meistens ist gar nicht klar, was die Absender eigentlich von uns wollen“, sagte der LSJV-Präsident bei einem Informationsabend seiner Behörde. Die Landesamt-Bediensteten seien angehalten, den Schriftverkehr mit solchen Personen auf ein „absolutes Minimum“ zu beschränken.

Familienministerin Katharina Binz (Grüne) warnte vor den Gefahren, dass Anhänger der Szene ihre Kinder in abgeschlossenen Strukturen aufwachsen lassen. Auch die rheinland-pfälzischen Behörden haben bereits mit Einzelfällen zu tun, in denen Eltern aus dem „Reichsbürger“-Milieu ihre Kinder nicht in Schulen schicken würden.

Der Publizist Andreas Speit sprach bei der Veranstaltung von einer „sehr aktiven“ Szene der „Reichsbürger“ in Rheinland-Pfalz. Belege dafür seien beispielsweise ein Treffen „indigener Deutscher“ in Andernach und die Beschlagnahmung zahlreicher Schusswaffen Anfang November in Pirmasens. Die in Sachsen-Anhalt beheimatete „Reichsbürger“-Gruppe „Königreich Deutschland“ biete mittlerweile auch in Rheinland-Pfalz Seminare an. Speit forderte, die von diesen Kräften ausgehenden Gefahren ernst zu nehmen: „Politische Bewegungen zu pathologisieren, hat immer die Folge, dass man ihre Radikalität unterschätzt.“