Lamspringer Pastor auf Spurensuche in Südafrika

Pastor Stephan Gensicke aus Lamspringe hat lange in Südafrika gewirkt. Jetzt hat er gemeinsam mit Mitgliedern seiner Kirchengemeinde ein Land bereist, in dem er kleine Spuren hinterlassen hat.

Hand in Hand – bewegender Gottesdienst in Endlovini.
Hand in Hand – bewegender Gottesdienst in Endlovini.Jürgen Zimmat

Die kleine Kirche in Endlovini ist so voll, dass noch Stühle aus der benachbarten Vorschule geholt werden müssen und vor der Kirche auf die Wiese gestellt werden. Aus der ganzen Gegend sind die Gläubigen gekommen um „ihren“ Umfundisi (Pastor) wiederzusehen. Sie drücken und umarmen ihn, als ob er nie fortgewesen wäre.

Stephan Gensicke wurde 2005 Pastor in Endlovini und trat damit in die Fußstapfen seines Großvaters, der 65 Jahre zuvor die Gemeinde geleitet hatte. Auch sein Vater war in Südafrika tätig, seine Mutter wohnt noch in Kapstadt und hat nicht nur bei der Planung der Reise unterstützt, sondern auch mit Erinnerungen und Geschichten die Fahrt bereichert.

Gottesdienst wie ein Konzert

Gensicke ist inzwischen in Lamspringe tätig. Doch der Kontakt nach Südafrika ist nicht abgerissen, weshalb er mit 18 Gemeindemitgliedern aufgebrochen ist, um seine alten Gemeinden zu besuchen, Kontakte zu pflegen und zu knüpfen. Knapp 3000 Kilometer hat die Gruppe in 19 Tagen zurückgelegt, immer wieder auf schier endlosen Schotterstraßen, mit Temperaturen bis zu 38 Grad im Schatten.

Begrüßt werden die Gäste in Endlovini mit einem Gottesdienst. Dieser wird anders als in Deutschland nicht andächtig verfolgt, sondern gelebt. Es ist wie ein Fest, ein Konzert. Die Gebetsfrauen in ihren schwarzen Trachten mit den weißen Hüten und Kragen bestimmen das Bild. Sie singen und tanzen, antworten dem Pastor laut, wenn er in die Gemeinde ruft.

Nach dem Gottesdienst gibt es typisches, herzhaftes Zulu-Essen. Die meisten Familien haben selbst nicht viel, doch für ihre Gäste geben sie alles. Diese revanchieren sich mit einer großzügigen Spende an die Gemeinde. Der Abschied ist herzlich und lang und der Pastor muss am Ende noch viele Selfies mit seinen ehemaligen Konfirmandinnen und Konfirmanden machen.

Viele im Land fühlen sich verraten

Von Endlovini aus fährt die Reisegruppe durch die Midlands, einem Streifen zwischen dem Indischen Ozean und den Drakensbergen, wo sie touristische Highlights wie eine 4,5 Kilometer lange Zipline in ein Tal benutzen oder wenigstens bestaunen – nicht alle trauen sich auf die Strecke. Zum Abschluss geht es auf die Suspension Bridge, eine 130 Meter hohe Hängebrücke mit Blick über das Oribi Gorge-Tal.

 

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In der Nähe von Howick ist die Capturing Site ein Muss. Das Besucherzentrum erinnert an Nelson Mandela. Auf dem „Lebensweg“, mit Gedenktafeln von der Geburt bis hin zum Tod, erreicht man eine übergroße Stele aus Metallstangen, die das Abbild des ehemaligen Präsidenten zeigt. Doch der Ruf des Friedennobelpreisträgers bröckelt. Viele im Land fühlen sich verraten, weil er den Weißen zu viel Freiheit gelassen habe und sie nicht aus dem Land getrieben habe. Konflikte und soziale Ungleichheit nehmen rapide zu. Mandelas Traum droht zu platzen.

Rückkehr mit Freude im Herzen

In Richards Bay liegt die zweite Gemeinde von Gensicke in Südafrika. Er hat Spuren hinterlassen: Die Kirche wurde von ihm geplant und gebaut, bevor er 2016 mit seiner Familie nach Deutschland zog.

Nach einem Treffen mit Mitgliedern des Kirchenvorstandes schlafen die Gäste für zwei Nächte bei Familien aus der Kirchengemeinde. Zum Abschied gibt es wieder einen beeindruckenden Gottesdienst, genauso stimmungsvoll wie in Endlovini. Nach dem Mittagessen mit der Gemeinde geht es zurück nach Durban, wo die 19-tägige Reise endet.

Die Reisenden haben stolze, liebenswerte Menschen kennengelernt, großartige Landschaften gesehen und Abenteuer überstanden. Sie haben aber auch ein Land kennengelernt, in dem mehrmals am Tag der Strom abgestellt wird, in dem Korruption an der Tagesordnung ist und die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer wird.

„Ihr sollt mit Freude ausziehen und mit Freude wiederkommen“, hat Stephan Gensicke gepredigt. Das hat die Reisegruppe beachtet und ist mit Freude im Herzen nach Lamspringe zurückgekehrt.