Ländervergleich: Deutschland bei Freiheiten nicht länger vorbildlich

Wegen des Vorgehens gegen Klimaschützer hat sich Deutschland in einem weltweiten Vergleich der Freiheitsrechte verschlechtert. Laut dem am Mittwoch im südafrikanischen Johannesburg veröffentlichten „Civicus Monitor“ gilt die Bundesrepublik nicht mehr als „offen“, sondern als „beeinträchtigt“. Analysten hätten in diesem Jahr unter anderem dokumentiert, „wie deutsche Behörden Klimaproteste auflösten und unverhältnismäßig gegen die Klimabewegung ‚Letzte Generation‘ vorgingen“, hieß es zur Begründung.

Die Verantwortlichen des zivilgesellschaftlichen Monitorings listeten im Einzelnen auf: „Sicherheitskräfte führten Hausdurchsuchungen durch, beschlagnahmten Bankkonten und blockierten Websites als Reaktion auf den gewaltlosen zivilen Ungehorsam der Gruppe.“ Sie hätten zudem Telefone, E-Mails und Sprachnachrichten überwacht.

Namentlich nannten die Verantwortlichen auch das Vorgehen gegen Demonstrierende in Lützerath – dem Ort im rheinischen Braunkohlerevier, der im Januar dem Braunkohletagebau weichen musste. Die Beamten hätten dort einen Journalisten, der über die Proteste in Lützerath berichtete, geschlagen und mit Pfefferspray besprüht, obwohl er bei der Polizei akkreditiert gewesen sei. „Unabhängig davon reagierten die Behörden auf pro-palästinensische Proteste Ende 2023 mit übermäßiger Gewalt und Verboten“, hieß es weiter.

Alles das führe zur Feststellung, „dass die Regierung die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ihrer Bürger nicht vollständig schützt. Stattdessen verletzen die Behörden diese Freiheiten gelegentlich.“

Der Monitor beruht auf Daten, die im Laufe eines Jahres in den einzelnen Ländern aus vier verschiedenen Quellen zusammengetragen werden. Auf dieser Basis erfolgt die Bewertung jedes Land als „offen“, „beeinträchtigt“, „beschränkt“, „unterdrückt“ oder „geschlossen“. Civicus ist ein Netzwerk für bürgerschaftliches Engagement.

Die für Europa und Zentralasien zuständige Civicus-Analystin Tara Petrovic kritisierte, Deutschland sei „früher eines der freiesten Länder in Europa“ gewesen. Doch jetzt stehe das Land „an der Spitze des EU-weiten Vorgehens gegen Klima-Aktivismus“. Sie appellierte an die verantwortlichen Politiker: „Die Herabstufung Deutschlands sollte ein Weckruf für das Land und den Kontinent sein, den Kurs zu ändern.“

Christine Meisler, Referentin für den Schutz der Zivilgesellschaft bei „Brot für die Welt“, ergänzte, nicht nur autokratische Regierungen setzten die Zivilgesellschaft unzulässig unter Druck. „Auch in Demokratien kann es zur Kriminalisierung von legitimem zivilgesellschaftlichem Engagement kommen.“

Nur rund jeder 50. Mensch (2,1 Prozent) lebt den Angaben zufolge in einem „offenen“ Land, in dem der zivile Raum sowohl frei als auch geschützt sei, hieß es weiter. Fast ein Drittel der Menschheit (30,6 Prozent) sei hingegen in Ländern mit stärksten Einschränkungen zu Hause. Außer Deutschland wurden noch sechs andere Länder in dem Monitoring abgestuft: Bosnien und Herzegowina auf „beschränkt“, Kirgisistan, Senegal und Sri Lanka jeweils auf „unterdrückt“ sowie Bangladesch und Venezuela jeweils auf „geschlossen“.