Lachende Gesichter

Ein junger Mann in rot-schwarz-gestreiftem Wams, besetzt mit goldenen Bommeln, greift munter in die Seiten seiner Laute. Auf den braunen Locken trägt er ein rot-gelbes Käppi, verschmitzt lächelnd und lockend schaut er über die rechte Schulter nach oben. Frans Hals‘ Lautenspieler von 1623 steckt mit seiner Fröhlichkeit die Betrachter an. Das Bild aus dem Pariser Louvre ist nach Berlin gereist. Zu sehen ist es dort in einer Ausstellung in der Gemäldegalerie, die den niederländischen Starporträtisten des 17. Jahrhunderts erstmals in Deutschland mit einer großen Überblicksschau feiert.

„Frans Hals. Meister des Augenblicks“ heißt die Ausstellung am Kulturforum, die in Kooperation mit der National Gallery in London und dem Rijksmuseum Amsterdam entstand und dort ihre ersten beiden Stationen hatte. In Berlin ist sie jetzt in erweiterter Form zu erleben.

Der Niederländer Frans Hals (1582/84-1666) gilt als einer der bedeutendsten Porträtmaler der europäischen Kunstgeschichte. Neben großformatigen Schützen- und Regentenbildnissen schuf er unzählige Einzelporträts des reichen Bürgertums in Haarlem und malte erstmals auch Außenseiter der Gesellschaft als lebensgroße Individuen.

Die Direktorin der Berliner Gemäldegalerie, Dagmar Hirschfelder, urteilt: „Das Spannende an dem Künstler ist, dass wir den Menschen aus der Zeit von Frans Hals ganz nahekommen, als ob wir Individuen begegnen aus unserer eigenen Lebenswelt.“ Die Schau zeigt 80 Werke, davon 50 der bedeutendsten Gemälde des Künstlers aus öffentlichen und privaten Sammlungen. Ergänzt werden diese durch Arbeiten aus seinem Umfeld und seiner Werkstatt sowie von Bildern deutscher Impressionisten wie Lovis Corinth (1858-1925) und Wilhelm Leibl (1844-1900), die sich von dem Altmeister inspirieren ließen.

Der aus Flandern stammende Künstler, dessen Familie aus Antwerpen ins holländische Haarlem emigriert war, entwickelte rasch einen unverwechselbaren Malstil. Gleich das erste Kapitel der Berliner Ausstellung stellt die Innovationen vor, die Frans Hals in die Porträtkunst einführt. Diese reichen vom lockeren Pinselstrich über die individuelle Ausprägung der Gesichter und Körperhaltungen bis zur Auswahl der Motive. Der „Fröhliche Trinker“ (1628-30) etwa betont die Gestik des Mannes mit seinem Weinglas in der Hand, das gerötete Gesicht mit leicht geöffnetem Mund unter der schwarzen Hutkrempe ist dem Betrachter zugewendet. Seine Kleidung, die seine Stellung als Offizier einer Schützengilde ausweist, ist nur skizzenhaft ausgeführt. Damit, betont Dagmar Hirschfelder, war der Maler seiner Zeit voraus.

Hier wie bei anderen Auftragsarbeiten im Kapitel „Eliten der Gesellschaft“ wird deutlich, wie Hals die Dargestellten mit ihrem Charakter nahbar macht. Nicht nur Einzelporträts, sondern auch Gruppenbilder, etwa das vom „Festmahl der Offiziere der Sankt-Georgs-Schützengilde“ (1627) gehören zum Markenzeichen des Künstlers. Auch hier erweist sich seine Kunst in der individuellen Darstellung, die anders als bei Zeitgenossen, die Atmosphäre dieser Zusammenkünfte lebensnah und natürlich einfängt.

Ein Fenster in der Wand der Ausstellungsarchitektur erlaubt den Blick aus der Distanz auf eines der Hauptwerke, das erstmals in Deutschland zu sehen ist. Das großformatige Gruppenporträt „Die magere Kompanie“ (1633-1637) einer Amsterdamer Schützengilde stammt allerdings nur teilweise von Frans Hals. Er hatte sich geweigert, für die Fertigstellung nach Amsterdam zu reisen. Fertiggestellt wurde das Bild von dem Amsterdamer Maler Pieter Codde (1599-1678). Bei anderen Werken, wie dem wunderbaren Genrebild „Junge Frau mit Obst und Gemüse“ (1630), das aus einer Privatsammlung stammt, arbeitete Hals, einer Antwerpener Tradition folgend, hingegen bewusst mit Kollegen zusammen.

Das zentrale Kapitel der Ausstellung zeigt die Figuren am Rande der Gesellschaft, die Frans Hals als einer der ersten Künstler zum Motiv wählte. Neben dem Lautenspieler malt er musizierende Knaben oder fahrende Schauspieler wie den „Pekelhaering“ (ca.1625), einen dunkel geschminkten Narr. Im Zentrum steht jedoch die „Malle Babbe“ (ca. 1640-1646), die „Mona Lisa der Berliner Gemäldegalerie“, wie Direktorin Hirschfelder sagt: Hals bietet darin einer geistig eingeschränkten Frau, die mit einer Eule auf der Schulter lachend zur Seite schaut, erstmals eine Bühne.