Kurzzeit-KZ und Adenauers Knast – 1.000 Jahre Abtei Brauweiler

Ein Kloster, viele Funktionen – vor 1.000 Jahren gründeten die Benediktiner in Brauweiler bei Köln eine Abtei. Die Gebäudenutzung war abwechslungsreich. Eine Geschichte mit dunklen Kapiteln, aber auch einer starken Frau.

Auf den ersten Blick nur ein Gewächs unter vielen auf der Wiese – dennoch ist der Maulbeerbaum im Abteipark von Brauweiler etwas besonderes. Handelt es sich doch um das wohl älteste Gewächs seiner Art in Deutschland. Der Legende nach soll Mathilde (979-1025), Tochter des Kaisers Otto II., einen Maulbeerzweig aus ihrem Hochzeitsstrauß dort nahe einer kleinen Kapelle vergraben haben, mit dem Versprechen, dort ein Kloster zu gründen, falls der Zweig Wurzeln schlägt.

Ob der dort stehende Baum tatsächlich jener aus der Geschichte ist, ist ungewiss. Doch bezeugt ist, dass vor nunmehr 1.000 Jahren, im April 1024, sieben Mönche mit der Errichtung der Abtei Brauweiler begannen. Die Stifterin selbst erlebte die Weihe im Jahr 1028 zwar nicht mehr; ihr Grabmal im Kloster zeugt aber bis heute von der direkten Verbindung Brauweilers zu den Herrschenden.

Derart glanzvoll gestaltete sich die Geschichte der Abtei vor den Toren Kölns allerdings nicht durchweg. Nach der Aufhebung des Klosters im Zuge der Säkularisation 1802 richteten die französischen Besatzer dort zunächst eine Bettleranstalt ein. Unter preußischer Herrschaft ab 1815 wurde sie in ein Arbeitshaus umgewandelt. Arme, Obdachlose oder Waisenkinder wurden dort einquartiert, um sich „durch ihre Arbeit nützlich zu machen“. Für die preußische Regierung eine Win-Win-Situation: Zum einen verschwanden diese Personen aus dem öffentlichen Raum, zum anderen konnte man billige Arbeitskraft ausnutzen.

Doch der Abstieg des ehemaligen Klosters sollte sogar noch steiler werden: Nach der Machtübernahme der Nazis dienten ab 1933 zwei Gebäude der Abtei als frühes Konzentrationslager – damals das größte in Westdeutschland.

Auch nach der Aufhebung des KZ blieben Menschen in den Räumen der Abtei eingesperrt, darunter von den Nazis als „asozial“ gebrandmarkte Menschen wie Bettler und Trinker, aber auch Regimegegner wie die jugendlichen Kölner „Edelweißpiraten“. Berühmtester Insasse war für fast zwei Monate – vom 25. September bis zum 26. November 1944 – der ehemalige Kölner Oberbürgermeister und spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer.

Anfang der 1950er Jahre erhielt der Landschaftsverband Rheinland (LVR) die Trägerschaft des Gebäudes – abgesehen von der Abteikirche, die im Besitz der Pfarrgemeinde verblieb. Auf dem Gelände wurde zunächst die Rheinische Landesarbeitsanstalt eingerichtet, 1969 erfolgte die Umwandlung in eine Psychiatrie. Diese hatte knapp zehn Jahre Bestand, musste aber wegen Missständen 1978 schließen.

Erst danach rückte die Abtei mit der Übergabe an die LVR-Kulturabteilung wieder in ein positives Licht. Heute fungiert sie als überregional bedeutende Bildungseinrichtung, aber auch wichtiges Kunst- und Kulturdenkmal. Die ehemalige Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner bezeichnete sie als „schönstes Kloster vor den Toren Kölns“, bedeutendes Zeugnis für Bau- und Kunstgeschichte im Rheinland.

Im Jubiläumsjahr sollen nun laut LVR über 160 Veranstaltungen stattfinden. Ein Höhepunkt ist die Wiedereröffnung der LVR-Gedenkstätte Brauweiler am 6. Juni, die vor allem vertiefende Einblicke in die Zeit des Nationalsozialismus gibt. Die Gedenkstätte im Keller des ehemaligen Frauenhauses hat demnach im Kern zwei Zellen, die noch weitestgehend im Originalzustand erhalten geblieben sind.

Er empfinde es „als beispielhaft und ermutigend, wie sehr die Geschichte unserer Abtei die Menschen interessiert, motiviert und zusammenführt“, erklärte der Vorsitzende des Freundeskreises der Abtei und ehemalige NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers am Sonntag beim offiziellen Festakt zum Jubiläum. Es gebe ein lebendiges Interesse daran, „was hier war, was hier ist und was hier sein wird“.

Der Geschichtswissenschaftler Karl Ubl hob in seinem Festvortrag die Rolle von Stifterin Mathilde als treibender Kraft bei der Abteigründung hervor. So habe sie sich bei der Ortswahl gegen den Wunsch ihres Mannes, des Pfalzgrafen Ezzo von Lothringen, durchsetzen können. Die Geschichte von Brauweiler sei eng verbunden mit der dieser „unabhängigen und starken Person“, so der Mittelalterhistoriker, der an der Uni Köln lehrt.