Über Monate hinweg hatte Martin Eberle die rassistische Beleidigung gegenüber dem Vorsitzenden des Kasseler Kulturbeirats, David Zabel, vom Oktober 2024 aussitzen können. Nachdem der Vorfall intern jedoch Kreise gezogen hatte, ging es mit einem Mal recht schnell. Anfang Februar 2025 wurde der Vorfall öffentlich. Zehn Tage später war Eberle in seinem Job als Direktor des Museumsverbunds „Hessen Kassel Heritage“ freigestellt und zur Mitte des Jahres gekündigt.
Nach dem Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Historischen Hilfswissenschaften in München, Bamberg, Jena und Kassel begann der 1968 im oberbayerischen Schrobenhausen geborene Eberle 1995/96 ein wissenschaftliches Volontariat am Grassi Museum Leipzig. Anschließend leitete er dort die Öffentlichkeitsarbeit, bevor er 1999 das Gohliser Schlösschen übernahm. Es folgten ab 2004 Stationen im Städtischen Museum Braunschweig, ab 2007 als Direktor der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha und schließlich Kassel ab 2018.
Zu Fall brachte ihn dort sein an Zabel gerichteter Vorschlag, Eberles Vertreterin im Beirat solle sich zur Sitzung Schuhcreme ins Gesicht schmieren, damit Zabel sich nicht so allein fühle. Zabel, Sohn eines sambischen Vaters, hatte zuvor darum gebeten, den Diversitätsbeauftragten als Vertreter zu entsenden, um die Migrationskompetenzen im Beirat zu erhöhen. Eberle entschuldigte sich später und sprach von einem Affekt.
Dass das wohl frühzeitig informierte hessische Wissenschaftsministerium bis Mitte Februar an ihm festhielt, lag wohl an seiner erfolgreichen Arbeit. „Unter seiner Leitung konnte Hessen Kassel Heritage neue Besuchergruppen erschließen“, erklärte Minister Timon Gremmels (SPD) in der Pressemitteilung zur Entlassung des Kulturmanagers. Neue Ausstellungsformate, ein Diversitätsprogramm und finanzielle Stabilität während Corona- und Energiekrise seien bleibende Verdienste Eberles in Kassel.
Am 1. September tritt Eberle nun seinen neuen Dienst auf der Wartburg an, als Burghauptmann und Chef der Wartburg-Stiftung. Der Berufungsausschuss der Stiftung weiß durchaus um die Brisanz seiner Wahl, hieß es. Auch dass ihm der Ruf einer gewissen Eitelkeit und Überheblichkeit vorauseile, habe sich bis in die Auswahlkommission herumgesprochen. Doch Eberle habe aus dem Bewerberfeld um Längen herausgeragt. An ihm sei fachlich kein Vorbeikommen gewesen, auch wenn sein bisheriges Forschungsinteresse zur Residenzkultur des 17. bis 19. Jahrhunderts die Wartburg nur am Rande berühre. Seit 2013 ist er zudem Honorarprofessor im Master-Studiengang Sammlungsbezogene Wissens- und Kulturgeschichte der Universität Erfurt.
Die Erwartungen an ihn auf der Wartburg sind jedenfalls groß. Dem Unesco-Welterbe fehlte es zuletzt an medialer Präsenz. Die Burg ist gut besucht, aber es fehlen die Veranstaltungen, die sie national und international immer wieder neu in Erinnerung rufen. Außerdem fehlt es an finanziellen Mitteln, etwa für die Sanierung des Wartburghotels.
Dass Eberle sowohl Public Relations beherrscht als auch Finanzakquise kann, hat er in Kassel, aber auch während seiner zehn Jahre an der Spitze der Friedenstein Stiftung in Gotha bewiesen. Hier initiierte er zwischen 2008 und 2018 das Projekt „Barockes Universum Gotha“, in dem er die vielfältigen Sammlungen und historischen Gebäude unter einem thematischen Dach vereinte. Sein Masterplan setzte auf eine moderne Präsentation barocker Kunst. Zudem stieß er bedeutende Restaurierungsmaßnahmen wie die Sanierung des Herzoglichen Museums an. Auch in Gotha wandten sich einzelne Mitarbeiter wegen eines als arrogant empfundenen Führungsstils an ausgewählte Medienvertreter. Nachweisen ließ sich nichts.
Als sich Eberle 2018 vom Friedenstein zurückzog, ging er als gefeierter Mann. Die Friedenstein-Sammlung und das Schloss an sich hätten sich auf Augenhöhe zwischen Wartburg und Weimar positioniert, hieß es in einem würdigenden Artikel der Lokalzeitung. Der Zitatgeber war Martin Eberle selbst.