Kulturrats-Chef: Kann Ärger von Juden gut verstehen

Nach Ansicht des Geschäftsführers des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, gibt es in der Branche zu wenig Solidarität mit Juden. „Wir haben ja den unmittelbaren und zeitnahen Vergleich mit der Anteilnahme der Kulturszene nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Und jetzt spüren wir die eher fehlende Solidarität nach dem Angriff am 7. Oktober“, sagte Zimmermann dem Ingolstädter „Donaukurier“ (Mittwoch).

Zimmermann ergänzte: „Ich verstehe die Verzweiflung der Juden, die inzwischen dem Kulturbereich sehr kritisch gegenüberstehen. Die uns sagen: Ihr habt damals die ukrainischen Fahnen überall aus den Fenstern gehängt, warum hängt ihr jetzt keine israelischen Fahnen auf? Ich verstehe den Ärger sehr gut.“

Zur Erklärung für das Verhalten der Kunstszene sagte Zimmermann: „Das hat mit bestimmten politischen Grundstrukturen zu tun. Zum Beispiel mit der Debatte über den Postkolonialismus. Das führt dazu, dass einige Künstler und Kulturmanager dem Irrtum erliegen, dass das derzeit größte kolonialistische Land der Welt Israel sei und dass die von einer kolonialen Macht bedrohteste Gruppe die Palästinenser seien. Ich halte das für eine historisch gesehen absolute Dummheit.“ Aus dieser Dummheit hätten sich bestimmte Argumente abgeleitet, die dazu führten, dass der Anschlag der Hamas immer wieder relativiert werde.

Der Kulturrat versuche, „so viel wie möglich“ gegen diesen Trend zu tun. „Ich war kürzlich noch bei einer Solidaritätsveranstaltung ausgerichtet von der israelischen Botschaft. Wir waren Mitorganisatoren der beiden proisraelischen Demonstrationen in Berlin.“

Natürlich sei an politischen Entscheidungen Israels immer Kritik erlaubt, führte Zimmermann aus. „Aber man muss deutlich unterscheiden zwischen Auslöser und Reaktion. Der Auslöser dieses Krieges war ein unfassbar brutaler und unmenschlicher Terroranschlag.“ Der Staat Israel müsse seine Bürger schützen. „Das Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen, das darf nicht vergessen werden, ist ebenfalls unermesslich groß und muss so schnell wie irgend möglich beendet werden. Trotzdem glaube ich: All das wird nur gelingen, wenn hinterher eine politische Lösung für den Gazastreifen gefunden werden kann.“

Der 1982 gegründete Deutsche Kulturrat versteht sich als Spitzenverband der Bundeskulturverbände.