Kritik an Haftbefehlen gegen Netanjahu und Gallant

Das Vorgehen des Weltstrafgerichts in Den Haag gegen israelische Politiker sorgt nicht nur in Israel für Empörung. Kritik kommt auch aus Deutschland.

Die Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sowie Ex-Verteidigungsminister Joav Gallant sorgen für Kritik und Empörung. Das Büro Netanjahus wies den Vorwurf, für Kriegsverbrechen mitverantwortlich zu sein, umgehend als “antisemitisch” zurück. Nach dem größten Massaker am jüdischen Volk seit dem Holocaust sei der Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen mehr als gerechtfertigt, hieß es am Donnerstag aus Jerusalem. Staatspräsident Isaac Herzog warf dem Weltstrafgericht vor, “in böser Absicht” zu handeln. Es habe sich auf “die Seite des Terrors und des Bösen” gestellt.

Der Internationale Strafgerichtshof hatte zuvor Haftbefehle gegen Netanjahu, Gallant, aber auch gegen den Anführer der Terrororganisation Hamas, Mohammad Diab Ibrahim Al-Masri, erlassen. Letzterer wird seit Monaten wegen mehrerer Verbrechen gesucht, die seit dem Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 begangen wurden. Er soll jedoch im Juli bei einem israelischen Angriff getötet worden sein.

Mit Blick auf die israelischen Politiker teilte das Gericht mit, es gebe hinreichende Gründe für die Annahme einer Mitschuld Netanjahus und Gallants an Kriegsverbrechen im Gazastreifen. Unter anderem seien der Zivilbevölkerung mutmaßlich absichtlich Lebensmittel, Wasser, Medikamente, Hilfsgüter sowie Treibstoff und Strom vorenthalten worden.

Dagegen regte sich internationaler Widerstand. Kritische Worte kamen auch aus Deutschland. Der Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte: “Dieser Haftbefehl gegen einen Ministerpräsidenten eines demokratischen Staates und seinen früheren Verteidigungsminister ist eine Absurdität.” Israel verteidige sich nach dem Hamas-Massaker vom Oktober 2023 gegen islamistischen Terror in Gaza und im Libanon. “Allein der semantische Dualismus, Israel auf eine Stufe mit der Hamas zu stellen, grenzt an Unverfrorenheit”, so Schuster. Die Bundesregierung dürfe diese Täter-Opfer-Umkehr nicht akzeptieren.

Das Gericht mit Sitz in Den Haag hat keine Möglichkeit, die Haftbefehle selbst zu vollstrecken. Aber seine 124 Mitgliedsstaaten – darunter die Bundesrepublik – sind formal betrachtet verpflichtet, die Gesuchten festzunehmen, sollten sie sich in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten. Bereits 2023 hatte das Weltstrafgericht wegen möglicher Kriegsverbrechen in der Ukraine einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin erlassen, der aber nie vollstreckt wurde.

Israels Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, forderte unterdessen eine vollständige Annexion der von Israel besetzten palästinensischen Gebiete. Dies sei die angemessene Antwort auf das Vorgehens Den Haags, so der rechtsradikale Politiker.