Kontroverse über Potsdamer Garnisonkirchturm hält an

In wenigen Tagen wird der erste Raum im neuen Potsdamer Garnisonkirchturm eröffnet. Die Kirche will den Turm für Demokratiebildung nutzen. Kritiker befürchten einen „Sehnsuchtsort“ für Reaktionäre.

Der neue Potsdamer Garnisonkirchturm soll in seiner vollen Höhe von knapp 90 Metern bis zum Herbst 2025 fertiggestellt werden
Der neue Potsdamer Garnisonkirchturm soll in seiner vollen Höhe von knapp 90 Metern bis zum Herbst 2025 fertiggestellt werdenepd-bild/ Rolf Zoellner

Am Ostermontag wird die Kapelle als erster Raum im neuen Potsdamer Garnisonkirchturm eröffnet. Der Turm soll nach Aussagen der evangelischen Trägerstiftung für Demokratiebildung und Friedensarbeit genutzt werden, weitere Räume und eine Ausstellung sollen voraussichtlich im Sommer zugänglich gemacht werden. Kurz vor der Eröffnung der Kapelle haben langjährige Kritiker des Wiederaufbaus indessen ihre Vorbehalte bekräftigt und Proteste am Eröffnungstag angekündigt.

Mit dem neuen Bauwerk sei „trotz aller PR-Akrobatik der Stiftung“ kein Ort für eine kritische Aufarbeitung der Geschichte und eine Stärkung der Demokratie entstanden, erklärte die Bürgerinitiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“. Es sei vielmehr ein „Sehnsuchtsort für reaktionäre Kräfte“ geschaffen worden. Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Jan Kingreen, betonte hingegen, möglichen Versuchen der Vereinnahmung durch rechtsextreme Kreise werde mit verschiedenen Maßnahmen vorgebeugt.

Pfarrer: Nutzung des Turms für rechtsextreme Zwecke nicht möglich

Kingreen sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), eine Nutzung des Turms für rechtsextreme Zwecke sei nicht möglich. Der Theologe ist Pfarrer am Garnisonkirchturm. Direkt vor dem Turm könnten keine Veranstaltungen ohne Zustimmung der evangelischen Kirche stattfinden. Es gebe eine rigide Hausordnung und für Veranstaltungen im Turm einen „Code of Conduct“. Veranstalter müssten sich unter anderem verpflichten, gegen Diskriminierung, Ausgrenzung, Rassismus und Antisemitismus einzutreten.

Kingreen sagte, der Wiederaufbau des Turms sei „eine große Emanzipationsgeschichte“. Es gehe dabei „um ein Projekt, das aus einer ganz anderen inhaltlichen Richtung kam und den rechtsextremen Initiatoren dann von der evangelischen Kirche aus der Hand genommen“ worden sei. Der Garnisonkirchturm sei so „zu einem Ort geworden, der sich ganz klar von Rechtsextremismus abgrenzt“.

Forderung der Übergabe des Altars an das Deutsche Historische Museum

Die Initiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ warf der Garnisonkirchenstiftung unter anderem eine „romantisierende Verklärung des Barockturms“, eine „kompromisslose Fixierung“ auf die Originalgestalt„ und “kontinuierliche Geschichtsverzerrung„ vor. Nach den Enthüllungen über ein rechtsextremes Treffen in Potsdam, bei dem Pläne für umfangreiche Abschiebungen von Menschen mit Migrationsgeschichte Thema waren, erscheine “die Gefahr realer denn je, dass mit der neu aufgebauten und eingeweihten Garnisonkirche ein weiterer rechtsextremer Gedenk- und Identitätsort mitten in Potsdam“ entstehe.

Der wissenschaftliche Beirat der Kritiker-Initiative „Lernort Garnisonkirche“ forderte, den Feldaltar der historischen Garnisonkirche nicht in Gottesdiensten zu verwenden, sondern dem Deutschen Historischen Museum (DHM) in Berlin zu übergeben. An dem Altar seien „zahllose Soldaten für ihr Kriegshandwerk gesegnet“ worden, die auch schwerste Kriegsverbrechen begingen und Völkermorde verübten, erklärte die Initiative. Um die Forderung der Übergabe des Altars an das DHM zu begründen, sei ein „Schwarzbuch Garnisonkirche“ veröffentlicht worden, das die Geschichte des Feldaltars und der dort gehaltenen Predigten dokumentiere.