“Dit is Berlin” – Die Episodenkomödie “#SchwarzeSchafe” begleitet Menschen in der Hauptstadt, die ihre Ideen bis ins Chaos verfolgen. Das Spiel mit den Klischees funktioniert soweit gut, wirkt teilweise aber gewollt.
Es ist heiß in Berlin. Das nimmt die Komödie “#SchwarzeSchafe” als verbindendes Element für mehrere Geschichten, die zeitgleich stattfinden; und sie nutzt es als Entschuldigung für die Kurzschlusshandlungen der Figuren, die ihre Unternehmungen regelmäßig ins Chaos manövrieren.
Großstadthitze als Handlungsmotor ist kein neuer Gedanke, doch an Klischees sparen die sechs Drehbuchautoren des Films grundsätzlich nicht. Trotzdem gibt es hier viel Schönes: Die Maskenbildnerinnen leisten großartige Arbeit. Jeder, der ins Bild kommt, ist stets so verschwitzt, dass man zumindest ordentlich Mitleid hat, bevor man anfängt, über Humor nachzudenken. Das gilt genauso für die exaltierten Ideen beim Szenenbild oder den Kostümen; die Arbeit der Gewerke anzusehen, bereitet auf alle Fälle Vergnügen.
Regisseur Oliver Rihs hat erneut eine Episodenkomödie gedreht, exakt wie beim ersten “Schwarze Schafe” Film im Jahr 2006. Er wartete nicht auf Filmförderung, gab das Drehbuch zur Gemeinschaftsarbeit frei und verließ sich auf die gute Laune guter Schauspieler. Die Storys bewegen sich durch verschiedene Berlin-Milieus, um sie ins Absurde zu verschieben. Es gibt den Araber-Clan samt bescheuerten Drogenhändlern; zwei Frauen, die durch kriminelle Energie zusammenfinden und von da ab als “Thelma und Louise” ihren Alltag verlassen; und es gibt ein paar alternde Gelegenheitsjobber, die sich vor lauter Konkurrenz fast umbringen. Immer geht es um Geschäftemacherei, denn Geld oder die Abwesenheit desselben bestimmt die jeweiligen Geschichten. Wobei mehr Geld zu mehr Spaß führt, für die Protagonisten wie für die Zuschauer.
Die ganzen So-Sind-Berliner-Klischees werden erst übertrieben, dann unterlaufen, denn aus dem Kontrast will die Komödie ihren Witz ziehen. Das klappt manchmal, aber manchmal wird ein bisschen viel gewollt. Dann wird es peinlich, oder die Satire kommt sichtlich mühsam daher. Dafür funktioniert die harte Kunst des Slapsticks, mal mit Jule Böwe, die Mülltrennung auch auf Knarren anwendet, oder mit empfindlichen Berliner Polizisten, die von noch empfindlicheren Berlintouristen auf Trab gehalten werden. Was den Wortwitz angeht, wird es manchmal richtig lustig, meist im Zusammenhang mit Yasin El Harrouk als Clan-Chef Omar, der ein bodenständig kapitalistisches Weltverständnis hat, aber auch ein sehr weiches Herz.
Omar ist der Mann, dessen Ideen die Komödie vorantreiben, denn Omar will seinen Clan zur Klimafreundlichkeit überreden. Er hat eine Tochter, die um die Zukunft des Planeten bangt, also soll auch das ganze Drogenbusiness grün werden, Herstellung, Transport und Verkauf. Eine brillante Idee – bis er seine arbeitsscheuen Neuköllner Kollegen in den Plan einweiht. Die sind ähnlich irritiert wie die Berliner Öko-Frauen, von denen Omar allerdings nur etwas über Umweltschutz lernen will. Er trifft die Entscheidung, seine Luxusschlitten abzuschaffen, entdeckt die Vorteile der Fahrradrikscha und übt sich in Nächstenliebe, was Schrecken und Verwüstung nach sich zieht. Omar bleibt ungerührt, ein bisschen Tölpel, ein bisschen Gangster, in beiden Varianten zunehmend sympathisch.
Gerade das funktioniert “#SchwarzeSchafe” bei jeder Geschichte. Obwohl die Protagonisten anfangs richtig nerven, schaffen sie es, einen für sich zu gewinnen. Man lernt, sie zu verstehen, lacht nicht bloß über sie, sondern mit ihnen, kann ihren guten Willen unabhängig von ihrem Misserfolg betrachten, immer häufiger mit Zuneigung. Damit ist diese Komödie ein Erfolg, denn sie macht den Zuschauer zum Komplizen dieser verwirrten, verkrachten Berliner, deren Blödsinn sich manchmal in visionäre Kraft verwandelt. Rihs setzt den Humor zwar eher schmerzhaft ein, aber er zeigt treffend die Marotten des modernen Lebens, und die lassen sich vielleicht nur auf solche Weise kommentieren.