Kolumbiens Ex-Präsidentschaftskandidat Hernandez gestorben

Ein unorthodoxer Wahlkampf in Kolumbien hat Rodolfo Hernandez berühmt gemacht. Fast wäre der Außenseiter Präsident geworden. Am Ende fehlten dem Unternehmer nur wenige Prozentpunkte. Nun ist er einem Krebsleiden erlegen.

Für ein paar Wochen schaffte es Rodolfo Hernandez, dass sich ganz Lateinamerika für ihn interessierte. Die Medien nannten ihn “TiTTok-Opa”, weil er mit seinem Internet-Wahlkampf bestehende politische Kräfteverhältnisse in Kolumbien mit Leichtigkeit außer Kraft setzte. Am Montag starb Hernandez im Alter von 79 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung.

Zum Sieg fehlte ihm nicht viel. In der Stichwahl um das Präsidentenamt 2022 behielt der linksgerichtete Kandidat Gustavo Petro mit 50,44 Prozent gegenüber den 47,31 Prozent von Hernandez die Oberhand. Petro hatte im Wahlkampf stets ohne Beweise von einem bevorstehenden Wahlbetrug gesprochen, sprach das Thema später aber nicht mehr an. Hernandez räumte nur wenige Minuten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses seine Niederlage unumwunden ein – und erwies der Demokratie damit einen großen Dienst.

Der reiche Unternehmer hatte vor allem mit Videos, die er auf der Plattform TikTok veröffentlichte, etablierte Politiker aus dem rechten Lager ausgebremst. Seine kurzen, einprägsamen und bisweilen auch populistischen Statements machten schnell die Runde und sorgten für eine stetig wachsende Anhängerschaft. Das bis dahin stets einflussreiche Lager des rechtskonservativen Ex-Präsidenten Alvaro Uribe brachte keinen Kandidaten in die Stichwahl. Stattdessen lieferten sich Petro und Hernandez einen anekdotenreichen Schlagabtausch, dessen Kuriositäten es über die Grenzen des Landes hinaus schafften.

Mal trat Petro leicht angetrunken lallend vor seine Anhänger, dann stellte Hernandez die Gottesmutter Maria in einem Interview in eine Reihe mit “allen anderen Prostituierten aus dem Viertel” und zog sich damit den Zorn von Katholiken zu. Seine prominente und tief gläubige Unterstützerin Ingrid Betancourt ließ sich daraufhin betend in einer Kapelle fotografieren, als Zeichen der Reue des Hernandez-Lagers. Er selbst legte noch mit einer kleinen Wallfahrt nach. Deutlich mehr geschadet haben dürfte ihm aber die Weigerung, sich einem TV-Duell mit Petro zu stellen und dort seine Ideen zu verteidigen. Später verstanden sich Petro und Hernandez aber besser. “Ich bedauere den Tod von Rodolfo Hernandez nach einem langen Kampf gegen den Krebs, eine Umarmung für seine Familie”, drückte Petro am Montag über den Kurznachrichtendienst X seine Anteilnahme aus.

Kernaussage von Hernandez, der sich gerne “Ingenieur” rufen ließ, weil das zu seinem Politik-Außenseiterimage passte, war das Versprechen, knallhart gegen die Korruption im Land vorzugehen. Allerdings gab es auch gegen Hernandez Vorwürfe, er habe bei öffentlichen Aufträgen über Familienmitglieder mitverdient. Das Bild des Außenseiters, der als Quereinsteiger die Politik aufmischte, stimmte überdies nie so ganz. Hernandez war einige Jahre zuvor Bürgermeister von Bucaramanga. Diese Widersprüche kennzeichneten Hernandez bis zu seinem letzten Atemzug. Am Montag hatte er nach wochenlangen Leiden keine Kraft mehr, den Kampf gegen den Krebs fortzusetzen.