Kölner „Queere Kirche“: Gemeinden müssen sich stark verändern

Wie kann Kirche ein sicherer Ort für queere Menschen sein? Da ist noch Luft nach oben, sagt der schwule Pfarrer Tim Lahr aus Köln. Welche Formate er bereits umsetzt und was er noch vorschlägt.

Unter dem Namen "amen_aber_sexy" nimmt Tim Lahr seine Followerinnen und Follower auf Instagram mit in seinen Alltag als schwuler Pfarrer
Unter dem Namen "amen_aber_sexy" nimmt Tim Lahr seine Followerinnen und Follower auf Instagram mit in seinen Alltag als schwuler PfarrerNadine Heller-Menzel

Die evangelische Kirche muss sich nach Ansicht von Pfarrer Tim Lahr noch stark verändern, um queerfreundlicher zu werden. Viele lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intersexuelle Menschen haderten mit der Kirche, sagte der Leiter der „Queeren Kirche Köln“. Dass es dieses Projekt brauche, mache sichtbar, wie gebrochen das Vertrauen queerer Menschen in die Kirche sei. Dieses Vertrauen wieder aufzubauen, könne nicht einfach in das Projekt ausgelagert werden, betonte Lahr.

Seit etwas über einem Jahr gibt es im Kirchenkreis Köln Mitte die „Queere Kirche Köln“. Sie ist Teil der Erprobungsräume der Evangelischen Kirche im Rheinland. Damit sollen neue Formen des „Kirche-Seins“ ausprobiert werden. Ziel des Kölner Projekts sei eine Kirche, die von queeren Menschen gestaltet werde, sagte der evangelische Pfarrer. „Auch wenn viele Gemeinden meinen, sie wären queerfreundlich, ist es auch wichtig, das irgendwo zu zeigen, also, dass vielleicht die Regenbogenfahne im Schaukasten hängt.“

Queere Gottesdienste und queerer Kirchenchor in Köln

Viele der Menschen, die zur queeren Gemeinde kommen, hätten schon irgendwie Kontakt mit der Kirche gehabt und seien auf der Suche nach anderer Spiritualität, betonte der evangelische Theologe. Die „Queere Kirche“ gehe hier neue Wege, die der Lebenswelt junger Menschen entsprächen. Dazu gehören Angebote wie queere Gottesdienste, der queere Kirchenchor und eine starke Präsenz in Social Media, oder Partys in der Kirche mit DJ und Orgel, wie etwa am Karnevalssamstag. Im Sommer werde die „Queere Kirche“ auch mit einem eigenen Wagen an der Parade des Christopher Street Days (CSD) in Köln teilnehmen.

 

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Die „Queere Kirche“ begleite nicht nur einzelne Menschen, sondern auch deren Familien, erklärte Lahr. „Die Kirche ist dann oft ein Bindeglied, wo man als queere Person auch mal die Oma mit hinbringen kann.“

Queere Menschen sollen merken: „Kirche gehört auch mir“

Lahr erzählte von einer Segnungsfeier, bei der eine Transperson sich auf ihren neuen Namen segnen ließ. Solch eine Segnung sei ein Übergangsritual für die ganze Familie. Für Eltern sei es ein schwieriger Prozess, wenn das Kind einen neuen Namen annehme, sagte der Pfarrer. Bei der Segnungsfeier habe die Familie den alten Namen an einen Luftballon gebunden und so „an Gott zurückgegeben“. In der Kirche sei dann der neue Name gefeiert worden.

Besonders berühre es ihn, wenn „queere Menschen das Gefühl bekommen, das ist auch mein Ort, Kirche gehört auch mir und nicht nur anderen“, sagte Lahr, der selbst schwul ist. Das sehe er etwa auf den Partys der „Queeren Kirche“, wo die Menschen tanzen, sich küssen, eine gute Zeit haben könnten, und damit das alte Kloster zu ihrem Ort machten. Auf die Kritik, warum queere Menschen dafür extra eigene Gottesdienste bräuchten, sagte Lahr, auch für andere Gruppen gebe es besondere Gottesdienste.

Das Projekt „Queere Kirche Köln“ in der evangelischen St.-Johannes-Kirche im Stadtteil Deutz läuft seit Beginn 2023 und ist zunächst für drei Jahre geplant. Es kann auf insgesamt fünf Jahre verlängert werden. Lahr sagte, er suche bereits nach Möglichkeiten, wie die „Queere Kirche“ finanziell unabhängig werden könne, um ihr Bestehen zu sichern.