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Kleiner Fingerzeig lässt die Zukunft aufleuchten

Das Land Nordrhein-Westfalen bereitet im Rahmen eines umfangreichen Programms Schulen und Lehrkräfte schrittweise vor auf die Digitalisierung des Unterrichts. Beamer und interaktives Whiteboard statt Schulbuch, Arbeitsblatt und Kreidetafel?

PantherMedia / olly18

Das Land Nordrhein-Westfalen hat ein sehr umfangreiches Programm zur Sanierung der Schulen aufgelegt. Insgesamt werden im Rahmen des Programms „Gute Schule 2020“ über vier Jahre jeweils 500 Millionen Euro bereitgestellt, also insgesamt zwei Milliarden Euro.
Gefördert werden auch Maßnahmen zur Verbesserung der digitalen Infrastruktur und Ausstattung von Schulen. Die ehemalige Schulministerin Sylvia Löhrmann betonte: „Um unseren Schülerinnen und Schülern gleiche Chancen auf Teilhabe zu ermöglichen, bereiten wir unsere Schulen und Lehrkräfte Schritt für Schritt auf die Herausforderungen des digitalen Wandels vor. Nach und nach werden die digitalen Schlüsselkompetenzen zum curricularen Bestandteil aller Unterrichtsfächer.“ Also werden unsere Schulen „digital“!?
Nun ist das so eine Sache mit der Digitalität. Die Geschichten von Cybermobbing und Datenklau und von vielen anderen unschönen Dingen passieren tagtäglich und sind überall präsent. Auch stellt sich die Frage, ob denn die Digitalität für den Unterricht einen Mehrwert hat oder ob es nicht auch wie bisher mit dem Schulbuch und dem Arbeitsblatt getan ist. Müssen denn in jedem Klassenraum ein Beamer und ein interaktives Whiteboard vorhanden sein? Muss jeder Schüler auf seinem Laptop den Unterricht verfolgen können und jede Schülerin während der Stunde online sein?
Mit dem stetigen Fortschritt der Digitalität geht einher, dass die Bedeutung des Buches, der Zeitungen und anderer Druckerzeugnisse abnimmt. Auch die größten Bücherfreunde und -freundinnen lesen viele Informationen auf dem Bildschirm. Das Internet ist das neue Leitmedium und die absolut relevante Informationsquelle. Sicherlich ist da einiges vorhanden, was qualitativ viel zu wünschen übrig lässt, aber das gilt auch für das gedruckte Wort. Unschlagbar ist das Internet in seiner Geschwindigkeit.
Für Schule und Unterricht gilt es, die Bedeutung des Internets und der digitalen Geräte noch zu erschließen. Da sind wir alle noch am Anfang und können die Dimensionen, die damit erreicht werden, erst ahnen. Aber heute schon ist es eine unverzichtbare Quelle für Medien (Bilder, Musik…) und eine sehr flexible Plattform, um unabhängig von Ort und Zeit miteinander arbeiten zu können.
Aber, mit dem Computer verantwortlich im Unterricht zu arbeiten und ihn gezielt als Lerngerät einzusetzen, das kommt nicht von allein. Wie gesagt, gibt es viele Unsitten im Gebrauch der sozialen Netzwerke. Schülerinnen und Schüler haben sich an einen schlechten Umgang gewöhnt. Im Unterricht müssen sie darum erst einmal Schritt für Schritt lernen, dass es auch Regeln für die Kommunikation im Netz gibt, dass es hier nicht um einen Spielplatz, sondern um ernsthaftes Lernen geht.
Lehrerinnen und Lehrer sind um diese Aufgabe nicht zu beneiden, aber sie müssen die Mühen der Einübung von einem verträglichen sozialen Verhalten im Netz auf sich nehmen. Zudem müssen Schülerinnen und Schüler lernen, wie man einen Computer bedient und wie man ihn sinnvoll als Lehrmittel einsetzt.
Das Gleiche lässt sich auch für  Lehrkräfte sagen. Auch sie können nicht ohne Unterstützung Computer und Internet unterrichtlich gewissenhaft bedienen und einsetzen. Um lehrhaft und pädagogisch verantwortlich mit den digitalen Mitteln schulisch arbeiten zu können, brauchen Lehrerinnen und Lehrer technische, methodische und spezifische soziale Kompetenzen, die sie sich erst aneignen müssen.
In diesen Fragen stehen wir, was die Schule betrifft, im Großen und Ganzen erst am Anfang. Dabei gibt es sicherlich vorbildliche Ausnahmen.
Im Pädagogischen Institut der Evangelischen Kirche von Westfalen mehren sich die Anfragen, wie denn Lehrerinnen und Lehrer auf das Lernen und Lehren in der digitalen Welt vorbereitet werden können. Im Moment werden Fortbildungskonzepte erprobt.
Eines wird sichtbar: Ein ganz wesentliches Momentum der Digitalität ist die Zusammenarbeit. Das gemeinsame Voneinanderlernen ist das vorrangige Element des Digitalen. Der „einsame Gelehrte“ und der „isolierte Lernende“ sind keine zukunftstragenden Modelle mehr. Schülerinnen, Schüler wie Lehrkräfte sind darauf angewiesen, dass sie ihre Fortschritte, Entdeckungen und Erkundungen untereinander und miteinander teilen. Das Lernen der Zukunft wird ein verknüpftes, vernetztes und wechselseitiges sein. Die Bereitschaft dazu ist eine unverzichtbare Grundlage.
Im gegenseitigen Aufeinanderachten und im konzentrierten Voneinanderlernen wird sich die Herausforderung der Digitalisierung der Schule bewältigen lassen. Denn ebenso ist jetzt bereits klar, wir stehen erst am Anfang und können die Dimensionen der Digitalität erst ahnen. Darum müssen Schülerinnen und Lehrer auf das Leben in der digitalen Welt unbedingt vorbereitet werden.