Die aktuellen Proteste von Landwirten hält der Geschäftsführer der evangelischen Ländlichen Familienberatung in Hessen, Hartmut Schneider, in weiten Teilen für nachvollziehbar. Die Bäuerinnen und Bauern seien nicht nur von Subventionskürzungen betroffen, sondern müssten sich gleichzeitig auch gegen die Folgen des Klimawandels und ausländische Billigkonkurrenz behaupten, sagte er in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Dieses Geld hatten sie natürlich fix eingeplant.“
Bei seinen Beratungsgesprächen erlebe er, dass sich in den Betrieben habe viel Frust aufgestaut habe: „Bäuerinnen und Bauern fühlen sich nicht wirklich wertgeschätzt.“ Solange die Proteste friedlich und ohne Radikalisierung abliefen, sei es in Ordnung, wenn Landwirte ihren Unmut öffentlich machten, sagte Schneider.
Bei seiner Beratungsarbeit hat Schneider nach eigener Aussage ganz unterschiedliche Reaktionen auf die Ankündigung der Proteste erlebt. Manche seiner Gesprächspartner seien zuversichtlich, gemeinsam mit Gleichgesinnten etwas für den Berufsstand erreichen zu können. Andere empfänden Ohnmacht und hätten resigniert. Dabei seien gerade junge Bäuerinnen und Bauern durchaus bereit für Veränderungen, sie fühlten sich aber durch „übers Knie gebrochene“ Entscheidungen der Politik wie im Fall der geplanten Subventionsstreichungen überrumpelt.
Die Ländliche Familienberatung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau sowie der von Kurhessen-Waldeck hat ihren Sitz im nordhessischen Schwalmstadt und begleitet Landwirte insbesondere bei familiären Problemen. Im Gegensatz zu anderen gesellschaftlichen Gruppen sei es bei den Bäuerinnen und Bauern noch immer üblich, dass mehrere Generationen nicht nur zusammen leben, sondern auch arbeiten, sagte Schneider. Daraus könnten Konflikte entstehen, die in anderen Familien so nicht auftreten.