Kirchenreform: Kardinal Kasper warnt vor überhöhten Erwartungen

Der frühere „Ökumene-Minister“ des Vatikans, Kurienkardinal Walter Kasper, sieht überhöhte Erwartungen an die Kirchenreformen kritisch – und nennt dafür auch die Gründe.

Kardinal Kasper im epd-Gespräch: Strukturen lassen sich immer missbrauchen
Kardinal Kasper im epd-Gespräch: Strukturen lassen sich immer missbrauchenepd-bild / Norbert Neetz

Der frühere „Ökumene-Minister“ des Vatikans, Kurienkardinal Walter Kasper, hat vor überhöhten Erwartungen an Kirchenreformen gewarnt. „Man kann neue Strukturen ebenso missbrauchen wie die alten“, sagte der Ex-Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Voraussetzung für einen verantwortungsvollen Umgang mit Strukturen seien die Erneuerung und Vertiefung des christlichen Glaubens. „In einer Situation der Glaubenskrise, welche heute beide Kirchen massiv erfahren, kommt darum der Evangelisierung grundlegende Bedeutung zu“, sagte der Theologe dem Evangelischen Pressedienst (epd) in einem Interview zu seinem 90. Geburtstag am 5. März.

Keine Patentantwort zu geschädigter Reputation

Wie sich die durch Missbrauchsskandale geschädigte Reputation der katholischen Kirche wiederherstellen lässt, darauf gibt es laut Kasper keine Patentantwort. „Sicher muss man die Missbrauchsskandale ehrlich aufarbeiten, man muss präventive Mittel und Strukturen schaffen, welche den Missbrauch nach Möglichkeit ausschließen, man muss das Tabu überwinden, das lange Zeit über der Gesellschaft und der Kirche lag, so dass man über Missbrauch nicht sprechen wollte und damit die Opfer allein ließ“, sagte er.

Der Kardinal würdigte, dass man heute mehr die Opfer als die Täter in den Mittelpunkt rücke, deren Stimme anhöre und ihnen Genugtuung verschaffe, soweit das möglich sei. Er selbst sei in Kindheit und Jugend nie Missbrauch in der Kirche begegnet.

Kasper zum Umgang mit dem Tod

Als Vorbereitung auf den Tod empfiehlt er jedem, ein Testament und eine Patientenverfügung zu verfassen. Damit mache man es seinen Angehörigen vor und nach dem Sterben leichter. Außerdem solle man innerlich versöhnt auch mit den Menschen sein, die einem Unrecht zugefügt hätten. Das Gebet und die Krankensalbung könnten „heilsam, versöhnend und friedensstiftend“ wirken, das habe er in der Krankenhausseelsorge oft erfahren.

Walter Kasper wurde am 5. März 1933 in Heidenheim an der Brenz geboren. Von 1989 bis 1999 leitete er die Diözese Rottenburg-Stuttgart, bevor ihn Papst Johannes Paul II. in den Rat zur Förderung der Einheit der Christen berief. Er war an zwei Papstwahlen beteiligt. Zum Synodalen Weg in Deutschland, der weitgehende Reformen in der katholischen Kirche anmahnt, hatte er sich mehrfach kritisch geäußert.