Kirchenpräsidentin Wüst: Betroffene von Missbrauch sind nicht allein

Die Evangelische Kirche der Pfalz und ihre Diakonie sichern allen Betroffenen von sexualisierter Gewalt in ihrem Bereich eine umfassende Hilfe zu. Dazu zählten psychologische Unterstützung, Seelsorge, aber auch sogenannte Anerkennungsleistungen in Einzelfällen von bis zu 50.000 Euro. Dies machten die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst und die Beauftragte für das Thema sexualisierte Gewalt, Oberkirchenrätin Bettina Wilhelm, in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Speyer deutlich.

Der Blick auf die betroffenen Menschen stehe an oberster Stelle kirchlichen Handelns, betonte Kirchenpräsidentin Wüst. Sie ist auch Sprecherin der kirchlichen Beauftragten im Beteiligungsforum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Darin beraten Betroffene und Kirchenvertreter gemeinsam über die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen und die Konsequenzen.

Im Umgang mit dem Thema Missbrauch müsse die evangelische Kirche in Kooperation mit Betroffenen bundesweit einheitliche Regelungen für alle 20 Landeskirchen erarbeiten, appellierte die Kirchenpräsidentin. Dabei gehe es auch um die Höhe der „Anerkennungsleistungen“.

Wüst ermunterte Betroffene von sexualisierter Gewalt, kirchliche oder nicht-kirchliche Stellen zu kontaktieren: „Wir sind dankbar, wenn sich jemand meldet.“ Sie versicherte, im Missbrauchsskandal vertusche die Kirche nichts. Verlorene Glaubwürdigkeit könne die Kirche nur wiedererlangen, wenn sie offen und ehrlich sei.

Bei der Verfolgung von Missbrauchsfällen gehe die Kirche in Zusammenarbeit mit staatlichen Behörden höchst sorgsam und transparent vor, ergänzte Oberkirchenrätin Wilhelm. Strafrechtlich relevante Fälle würden sofort bei der Staatsanwaltschaft gemeldet – in Absprache mit der betroffenen Person beziehungsweise den Eltern von Kindern und Jugendlichen. Zugleich gebe es kirchliche Disziplinarverfahren gegen mögliche Täter. Insgesamt wurden demnach seit 1947 im Bereich der Landeskirche 50 Verdachtsfälle registriert, 22 Fälle wurden bestätigt; ein Fall wird derzeit untersucht.

Das Bewusstsein für die Missbrauchs-Problematik müsse in Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen auch durch Aus- und Fortbildungen weiter geschärft werden, betonten Wüst und Wilhelm. Die „Schutzräume“ in Kirche und Diakonie müssten so groß wie möglich sein, um Missbrauch zu verhindern. Für Veranstaltungen, wie die Landessynode in Bad Dürkheim (5. bis 8. Juni) oder den „Kleinen Pfälzer Kirchentag“ am 23. Juni im westpfälzischen Otterbach würden spezielle Schutzkonzepte erstellt. Die Ansprechstelle für Missbrauchsfälle und sexuelle Übergriffe im Speyerer Landeskirchenrat werde von einer halben auf 1,5 Stellen aufgestockt.