Kirchen rufen an Karfreitag zu Mitmenschlichkeit auf

An Karfreitag haben Spitzenvertreter der Kirchen in Nordrhein-Westfalen zu Mitmenschlichkeit und Zuversicht trotz aller Krisen aufgerufen. „Unter dem Kreuz Christi ist es unsere Aufgabe, mit aller Kraft gegen das Leiden unseres Nächsten zu kämpfen“, sagte der Beauftragte der evangelischen Kirchen beim Land NRW, Martin Engels, im ARD-Fernsehgottesdienst, der live aus Wuppertal übertragen wurde. Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck rief dazu auf, sich von Unrecht berühren lassen und Widerstand gegen unmenschliche Praktiken und Ideologien zu leisten. Der Münsteraner Bischof Felix Genn sieht in der biblischen Botschaft von der Kreuzigung Jesu ein „Programm einer gewaltlosen Liebe“.

An Karfreitag erinnern Christen an das Leiden und Sterben Jesu. „Die Geschichte der Welt und die Geschichte Gottes kreuzen sich auf dem Berg Golgatha“, auf dem Jesus gekreuzigt wurde, sagte Engels, der das Evangelische Büro in Düsseldorf leitet. „Für Christinnen und Christen verbindet sich hier der Leidensweg von Gottes Sohn mit den Geschichten all derer, die durch Krankheit, Leid und Gewalt um ihr Leben betrogen worden sind.“ Das Kreuz und die offene Frage nach Gott und dem Sinn des ungerechten Leidens könnten ausgehalten werden, weil die Geschichte Jesu weitergehe: „Der Gekreuzigte wird wiederkommen.“ Denn auf Karfreitag folge der Ostersonntag.

Der Essener Bischof Overbeck hob beim traditionellen Karfreitags-Kreuzweg auf der Halde Haniel in Bottrop, an dem rund 800 Menschen teilnahmen, die Größe der Liebe Gottes hervor. Sie strahle auf die Welt aus, „um diese und alle Menschen zu retten“, sagte er. Heute für die Wahrheit und Liebe Gottes einzutreten, heiße für Christen, „Verantwortung wahrzunehmen, heißt, so zu leben, dass wir für Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung einstehen“.

Der Münsteraner Bischof Genn sagte, das Kreuz Jesu zu verehren bedeute auch, den Blick auf die aktuellen Krisen zu richten. Mit Gottes Liebe sei verbunden, „für den einzustehen, der ungerecht angegriffen und verfolgt wird“. Der Aachener katholische Bischof Helmut Dieser betonte, dass die Wahrheit nicht immer auf der Seite der Mächtigen und der Sieger sei. Diese Annahme sei „der bittere, mörderische Fehler“, denn Wahrheit und Macht seien zu unterscheiden, sagte Dieser im Aachener Dom: Zur Wahrheit müsse auch die Gerechtigkeit gehören.

In Osterbotschaften hoben leitende Geistliche der beiden großen Kirchen die friedensstiftende Kraft und Hoffnung hervor, die mit Karfreitag und mit dem Fest der Auferstehung Jesu am Ostersonntag verbunden sei. Mit seinem Tod am Kreuz habe sich Jesus Christus an die Seite der Unterdrückten gestellt und sei selbst zum Opfer von Gewalt geworden, erklärte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel. „Er gibt sein Leben aus Liebe hin.“ Gott lasse Tod und Gewalt nicht das letzte Wort. Bischof Overbeck erklärte, aus Ostern und der Erinnerung an die Auferstehung Jesu von den Toten könne eine Kraft erwachsen, „die hilft, das Böse zu überwinden“.

Der Islamverband Ditib forderte in einer Botschaft zum christlichen Osterfest die Religionen auf, für die Würde und das Leben jedes Menschen einzustehen. „In dieser Osterzeit wollen wir uns gemeinsam daran erinnern, dass wir alle eine Verantwortung tragen für eine Welt, die von Mitgefühl, Solidarität und gegenseitigem Respekt geprägt ist“, erklärte der größte Moscheeverband in Deutschland am Freitag in Köln. „Besonders in Deutschland tragen wir eine größere Verantwortung, uns gegen Menschenfeindlichkeit, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und Antisemitismus zu erheben.“