Kirche und Diakonie: Defizit von 125 Millionen Euro für Kitas
Evangelische Kirchen und die Diakonie in Nordrhein-Westfalen sehen Kindertagestagesstätten und Offene Ganztagsschulen (OGS) aus Geldmangel massiv gefährdet. Für die etwa 1.750 Kindertagesstätten in evangelischer Trägerschaft in Nordrhein-Westfale sei im vergangenen Jahr ein Defizit von rund 125 Millionen Euro entstanden, erklärte die Leiterin des Geschäftsfeldes Tageseinrichtungen für Kinder bei der Diakonie RWL, Sabine Prott, am Dienstag in Düsseldorf. Für sämtliche Kitas in NRW fehlten voraussichtlich 500 Millionen Euro aufgrund des aktuellen Tarifbeschlusses.
Den Ausgleich müsse das Land NRW schaffen, forderte Prott. Das Land habe nach monatelangen intensiven Gesprächen der Freien Wohlfahrtspflege zwar nun 100 Millionen Euro Überbrückungshilfe in Aussicht gestellt, vorbehaltlich der Zustimmung durch den Landtag, erklärte sie. Zudem solle der Landeshaushalt, wie im Kita-Gesetz vorgesehen, um fast zehn Prozent aufgestockt werden, um die Steigerungen der Kind-Pauschalen ab August 2024 zu finanzieren. Diese 100 Millionen seien ein wichtiges und lang erwartetes Signal, sagte Prott. Berechnungen zufolge reiche das Geld allerdings nicht aus, um die Finanzierungslücke auch nur annähernd zu überbrücken.
Wenn diese Einrichtungen nicht offen gehalten werden könnten, drohe ein Bildungsangebot, auf das viele Eltern und Kinder Wert legten, zu verschwinden, warnte Pfarrerin Henrike Tetz von der Leitung der rheinischen Kirche. Diakonie RWL sowie die Landeskirchen im Rheinland, Westfalen und Lippe schließen sich den Forderungen der für Donnerstag geplanten Demonstration unter dem Titel „NRW bleib sozial!“ in Düsseldorf an. Ab fünf vor zwölf (11.55 Uhr) würden 10.000 Demonstrantinnen und Demonstranten aus sozialen Einrichtungen in NRW vor dem Landtag erwartet, hieße es. Zu der Demonstration hat die Freie Wohlfahrtspflege NRW aufgerufen.
Die akute finanzielle Lücke bei Kitas sei entstanden, weil freie Träger – als solche gelten Kirche und Diakonie unter den Anbietern – die durch Lohnsteigerung verursachten Kosten erst eineinhalb Jahre, nachdem sie entstanden sind, erstattet bekommen, hieß es. Zuvor seien jedoch etwa Tarifverträge mit höheren Löhnen in Kraft getreten und die höheren Energiekosten entstanden. Daher appellieren Kirche und Diakonie an das NRW-Finanzministerium, die Kosten früher zu erstatten.
Wegen sinkender Steuereinnahmen stehe der evangelischen Kirche zudem weniger Geld für Bildungsarbeit zu Verfügung, sagte die rheinische Oberkirchenrätin Tetz. Die Situation sei zwar von Gemeinde zu Gemeinde und Ort zu Ort unterschiedlich, aber überall sei diese Bildungsarbeit in Gefahr. Sie wies außerdem darauf hin, dass auch die ökologischen Kosten für den Betrieb von Kindergärten und Schulen weiter steigen werden, wenn alle Gebäude in den kommenden Jahren CO2-neutral betrieben werden sollen.