Kirche ohne Plaste

Kunststoffmüll zersetzt sich nicht. Und so treiben im Meer Plastiknetze, Tüten, Flaschen und Stühle, werden porös und zu kleinsten Teilen zermahlen. Sie können in die Nahrungskette gelangen. Der Plastikverbrauch muss dringend abnehmen. Auch in der Kirche. Ein Kommentar von Reinhard Benhöfer, Umweltreferent der Hannoverschen Landeskirche und Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten in der EKD.

Kunststoffmüll zersetzt sich nicht. Und so treiben im Meer Plastiknetze, Tüten, Flaschen und Stühle, werden porös und zu kleinsten Teilen zermahlen. Sie können in die Nahrungskette gelangen. Der Plastikverbrauch muss dringend abnehmen. Auch in der Kirche

Von Reinhard Benhöfer Unglaublich, was wir innerhalb weniger Jahrzehnte alles aus Plastik herstellen können, vom Bakelit- Lichtschalter bis zu Mikroplastik im Duschgel. Plastik ist preiswert und so vielseitig nutzbar, dass sich der Plastikabfall allein in den vergangenen 25 Jahren noch einmal fast verdoppelt hat. Nicht alles davon landet in der Mülltonne und nicht alles, was wir Deutschen brav über die Mülltrennung dem Recycling zugedacht haben, wird wieder verarbeitet. Was spricht gegen Plastik? Die Verschandelung der Landschaft durch herumliegenden Müll ist vermutlich das kleinere Problem. Schlimmer sind die Wirkungen des Plastikmülls für Lebewesen. Klar ist mittlerweile, dass sich Plastik in den Zellen vieler Meeresbewohner findet und dort wie ein Magnet für hochgiftige Stoffe verhält. Durch Plastik – abfälle gibt es gravierende Umweltschäden. Deswegen müssen wir den Plastikkonsum so gut es geht verringern, besser noch vermeiden und Plastikabfälle der Wiederverwertung zuführen. Was ist so schwer daran, den Plastikverbrauch deutlich einzuschränken? Kein Mensch braucht Kosmetik mit Mikroplastik, eine Plastikeinkaufstasche wird für viele sofort verzichtbar, seitdem sie Geld kostet. Gäbe es eine deutliche Steuer auf Plastikbesteck, Coffee-to-go-Becher oder andere nicht notwendige Plastikartikel, wäre das Problem kleiner, aber noch nicht gelöst. Vermutlich würde die Industrie sofort gleichwertigen Ersatz aus Kartoffelstärke oder anderen nachwachsenden Rohstoffen herstellen. Unsere Ackerflächen sind aber endlich, wir brauchen sie für die Nahrungs- und Futtermittelerzeugung, für Windkraftanlagen, für neue Einfamilienhäuser, eine Umgehungsstraße und für Mais zur Erzeugung von Grünstrom. Auch der Import von Wegwerftellern aus Bambus ist keine optimale Lösung. Die Möglichkeit, alles immer noch bequemer, noch schneller, noch schöner einzurichten stößt an die Grenzen der Umweltverträglichkeit, stellt drängende Fragen zur Verteilung der Ressourcen auf unserem Planeten und damit Gerechtigkeitsfragen. Wir brauchen grundsätzlich Lösungen für unsere Wünsche und Bedarfe, die weniger Ressourcen beanspruchen und weniger Müll hinterlassen. Und wir dürfen die Einsparungen nicht ausgleichen durch höheren Verbrauch an anderer Stelle. Das bedeutet nichts anderes, als unsere Gewohnheiten und damit unsere Verbrauchskultur insgesamt kritisch zu hinterfragen. Aber die Überlegungen, was für ein gutes Leben wirklich wünschenswert ist, führen allein trotz mancher Einsicht noch nicht zum notwendigen Wandel. Bequemlichkeit, Gewohnheit und Preis korrumpieren allzu oft unser Verhalten wider besseren Bewusstseins. Als zusätzlichen Anstoß, sich vernünftig, nachhaltig zu verhalten, bedarf die Mehrheit der Konsumenten und Produzentinnen einer politischen „Unterstützung“.

Am zuverlässigsten wirken Verbote, gleichzeitig sind sie aber vor dem Hintergrund einer oft geringen Zustimmung nur schwer zu beschließen. Besonders empfindlich reagieren viele Menschen auf den Preis als Steuerungsinstrument. Kirche sollte dementsprechend alle Bemühungen der EU und anderer Regulierungsbehörden unterstützen, Plastik zu verteuern oder in manchen Bereichen sogar zu verbieten und Recycling zu erzwingen. Damit Kirche das glaubwürdig kann, muss in allen kirchlichen Einrichtungen der Plastikverbrauch so gut es geht eingeschränkt und müssen dementsprechende Beschlüsse auf allen kirchlichen Ebenen gefasst werden.

Es gibt viele gute Möglichkeiten, auf Plastik zu verzichten: zum Beispiel bei Festen einfach gebrauchte Bestecke, Teller und Gläser für wenig Geld kaufen. Sie lassen sich in den meisten Fällen für die fünf Gelegenheiten im Jahr, bei denen sie benötigt werden, in einem Kellerraum bunkern. Ist der Vorrat groß genug, gibt es beim Gemeindefest keinen Stress beim Abwaschen. Wenn das nicht geht, kann man sich auch alles leihen und benutzt zurückgeben.

Man sollte die Teilnehmenden an Festen offensiv über sein nachhaltiges Verhalten informieren, etwa durch einen kleinen Flyer oder Aufsteller auf den Tischen. Das weckt die Bereitschaft, notfalls 20 Cent mehr für den Kartoffelsalat zu bezahlen und stimmt hoffentlich nachhaltig nachdenklich.

Eine bessere Bildungsmöglichkeit als durch konkretes Handeln und offen gelegte Motive gibt es nicht.