Kinderchor-Kantate über den Anfang

Sein erstes Werk für Kinderchor war 2015 die „Wassermusik“. Nun hat Daniel Stickan eine Kantate über das Anfangen geschrieben, die Ende Mai uraufgeführt wird.

Der Lüneburger Musiker Daniel Stickan
Der Lüneburger Musiker Daniel Stickan

Lüneburg. Wie viel Texte und Gedichte er für seine Kantate gelesen hat, weiß Daniel Stickan nicht so genau. Mehrere hundert bestimmt, vielleicht an die tausend, schätzt er schließlich. „80 bis 100 habe ich ausgesucht – und zehn bis zwölf dann verwendet.“ Im Sommer 2018 hatte der Lüneburger Musiker mit den Arbeiten an seiner Kantate für Kinderchor begonnen. Nun steht die Uraufführung von „Initium“, der Kantate über das Anfangen, bevor.

Die Proben der Knaben- und Mädchenkantorei von St. Johannis sind in vollem Gange Am Sonnabend, 25. Mai, wird sie uraufgeführt. Aufgeregt sei er nicht, sondern „ganz entspannt“, sagt Stickan.„Ich freue mich wirklich darauf. Denn die Proben liefen super, und die Kinder seien mit Begeisterung bei der Sache.

Die neue Kantate ist als Auftragswerk der Singschule St. Johannis in Lüneburg entstanden. Das Stück handelt vom Zauber des Anfangs. Daniel Stickan hat dazu eine Assoziation, die das Anfangen und St. Johannis miteinander verbindet: „Wie morgens um 9 Uhr vom Turm der Johanniskirche die Turmbläser spielen und mit ihren Chorälen jeden Tag neu beginnen lassen, so soll dieses Stück dem Anfangen und dem Lob der permanenten Schöpfung gewidmet sein.“ Denn diese Choralmelodie, die vom Turm durch die Stadt weht, „begleitet mich in den Tag“, erzählt der Musiker, der gar nicht weit entfernt von dem Gotteshaus wohnt.

Aus Gedichten und Bibelworten

„Initium“ beschäftigt sich aber bewusst nicht schöpfungstheologisch mit dem Anfang der Welt. „Mich interessiert das Anfangen in uns. Jeden Tag beginnen wir immer wieder neu und haben Lust dazu“, sagt Stickan, für den die Kantate auch eine Aufforderung ist, etwas anzufangen. Denn daraus erwachse immer wieder Kraft. „Das alles können wir selbst nicht machen, es ist uns geschenkt. Und als Christen haben wir eine Adresse, um dafür zu danken“, sagt Stickan. So sei „Initium“ auch ein Stück, „das den lobt und preist, der selbst der Anfang ist und keinen Anfang hat“.

„Initium“ ist als konzertantes Werk für Kinderchor konzipiert, verzichtet gänzlich auf szenische Elemente, und dauert etwa 45 Minuten. Die Texte für die Kantate hat Stickan aus Gedichten und Bibelworten zusammengestellt. So trifft Joseph von Eichendorff auf Caesar Flaischlen, Goethes Faust auf die zeitgenössische Autorin Sabine Ludwigs. Neben Psalmworten ist der Gesang der Jünglinge im Feuerofen zu hören, ein apokrypher Text aus dem Buch Daniel, der ein nicht enden wollendes Lob Gottes entfaltet.

Auch für Erwachsene

Die Kantate wird von Kindern gesungen, ist aber keinesfalls nur für Kinder gedacht. „Ein zentrales Anliegen bei meinen Kompositionen für Kinderchöre ist mir, dass die Kinder in ihrem sprachlichen, philosophischen und theologischen Vermögen ernst genommen werden“, betont Stickan. „Dazu wünsche ich mir einen Inhaltsreichtum, der Altersgrenzen auflöst und jeden inspirieren kann.“ Er legt Wert darauf, dass auch Erwachsene angesprochen werden und einen Zugang zum Thema haben, „und nicht nur die Kinder niedlich finden“. Bei guter Kinderliteratur von Astrid Lindgren, Erich Kästner oder Michael Ende funktioniere das auch, da könne jeder etwas mitnehmen: „Hochwertige Kinderliteratur zeichnet sich dadurch aus, dass sie Kinder und Erwachsene gleichermaßen und auf verschiedenen Ebenen anspricht.“

Genau das vermisst Stickan bei den gängigen zeitgenössischen Kompositionen für Kinderchöre. Sie beschränkten sich meist auf das „musikalisierte Nacherzählen von biblischen Geschichten“ und blendeten tiefergehende Inhalte aus, so Stickan, der mit seinen Kompositionen eine Alternative zu den verbreiteten Kindermusicals anbieten und zeigen will, dass Kinderchormusik ebenso anspruchsvoll wie zugänglich, vielschichtig wie eingängig sein kann.

Ringen um die Melodie

Die Musik zu den Texten entstehe, wenn der Rahmen des Stückes stehe. Und nein, die Töne habe er nicht plötzlich im Kopf und müsse sie nur noch hinschreiben, sagt Stickan: „Das ist ein hartes Ringen um die Melodie.“

Stickan, Jahrgang 1980, mit einem Faible für Jazz und Improvisiation, hat Orgel und Klavier studiert. Sein erstes Werk für Kinderchor entstand 2015, eine „Wassermusik“ als Auftragsarbeit für die Hamburger Kinder- und Jugendkantorei. Die „Feuermusik“ folgte. „Jetzt schreibe ich gerade an der Luftmusik“, verrät Stickan, der die Elemente mit eine Kantate zur „Erde“ komplettieren will.

Info
Die Uraufführung von „Initium“ in St. Johannis beginnt am Sonnabend, 25. Mai, um 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Ausführende sind die Knaben- und Mädchenkantorei St. Johannis, Daniel Stickan (Klavier), Joachim Vogelsänger (Orgel) und Percussionisten. Die Leitung hat Frauke Heinze.