Kinderbuchillustrator: “Ich habe nie aufgehört zu malen”

Für Kinderbuchillustrator Philip Waechter ist es etwas “Besonderes und Schönes”, sich mit Kindern Bücher anzuschauen. Im Interview erklärt er, wie er auf Ideen kommt und wieso er gern campen geht.

Zelt aufbauen, draußen sein, dem Wind lauschen, mit einem Wort: Camping – das ist für Kinderbuchillustrator und Autor Philip Waechter der perfekte Urlaub. Genauso wie die Figuren in seinem neuen Bilderbuch “Weltreise mit Freunden” ist er in puncto Ferien eher genügsam. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) sprach am Dienstag in Frankfurt mit ihm über Urlaubsgefühle, Kinderbuchmachen und Lesen.

KNA: Herr Waechter, wie kommen Sie auf Ihre Ideen?

Philip Waechter: Das ist ganz unterschiedlich. Zum Beispiel beim Corona-Lockdown, als alles brach lag, habe ich festgestellt, wie sehr einfach im Alltag das In-den-Tag-Hineinleben fehlt. Das ganze Leben ist immer verplant, auch oft bei Kindern schon, mit Schule, Sport, AGs, Schulband. Deshalb wollte ich eine Geschichte erzählen, wo mal nichts geplant ist und sich alles zufällig ergibt. Daraus entstand “Ein Tag mit Freunden”.

Manchmal ist es auch ein ganz persönliches Erlebnis: Bei meinem Buch “Der Fliegende Jakob” kam ich auf die Idee, weil mein Sohn eine Zeit lang als kleiner Junge den Wunsch hatte, selber fliegen zu können.

KNA: Sie machen beides, schreiben und illustrieren. Was ist denn zuerst da, der Text oder das Bild?

Waechter: Meistens habe ich eine Grundidee, fange an zu skizzieren und muss Entscheidungen treffen: Wie sieht die Hauptfigur aus, wie lebt sie? Das geht manchmal leicht von der Hand, manchmal ist es auch sehr quälend. Irgendwann entwickelt sie so etwas wie ein Eigenleben, es wird logisch, was sie sagt und was sie tut.

KNA: Was macht ein gutes Kinderbuch aus?

Waechter: Es muss für Kinder sein. Und es muss aus der Welt eines Kindes erzählen, so dass es sich wiederfinden kann. Da muss man sich reindenken. Das klingt selbstverständlich, ist aber eine Grundvoraussetzung. Es soll das Kind amüsieren und auch spannend sein. Und es soll gestärkt daraus hervorgehen, der Protagonist muss Abenteuer durchleben und also die Schwierigkeiten überwinden.

KNA: Ihre Bilderbücher und Poster sind sehr genau gezeichnet und es gibt viele Details. Oft überraschen Sie: Ein Poster von Ihnen heißt etwa “Der erkältete Hund”: Man sieht einen großen Baum mit unzähligen Tieren, die alles Mögliche veranstalten – und irgendwo, sehr klein, sitzt unten auch ein Hund, mit einem Schal um den Hals. Was habe ich lange nach ihm gesucht…

Waechter: (lacht) Es soll immer wieder was Neues zum Entdecken geben bei meinen Illustrationen. Ich habe selbst als Kind solche Wimmelbücher gern angeschaut. Und es macht mir auch einfach wahnsinnig Spaß, diese Details zu zeichnen. Das war bereits so, als ich selbst noch Kind war. Ich habe eigentlich nie aufgehört, zu malen.

KNA: “Abenteuer, Aufregung, Nervenkitzel und das Meer überqueren” – das ist das Ziel von den fünf Freunden Waschbär, Dachs, Bär, Fuchs und Krähe in ihrem neuen Buch “Weltreise mit Freunden”. Sie kommen aber nicht weit…

Waechter: Kinder denken groß. Wenn sie auf Reisen gehen, darf es gerne eine Weltreise sein. Das heißt natürlich nicht, dass sie wirklich alle fünf Kontinente bereisen müssen. Es genügt auch etwas weniger wie in meinem Buch: Sie machen sich auf den Weg, treffen Freunde, haben es schön, vermissen auch einiges…

KNA: …wie zum Beispiel den Regenschirm. Was ist für Sie im Urlaub wichtig?

Waechter: Ich persönlich gehe gern campen. Das hat für mich etwas Zauberhaftes – ob als Kind mit meinen Eltern oder später als Jugendlicher ohne sie. Es ist auch für ein Einzelkind wie meinen Sohn toll: Kaum hat man das Zelt aufgebaut, ist man umgeben von anderen Kindern, die neugierig gucken.

Mich auf die Reise zu machen, heißt für mich immer, den Kopf frei zu haben, wacher zu sein, Zeit zu haben und nicht in den Alltagsgeschichten gefangen zu sein. Auch die Neugierde zu haben, etwas Neues zu entdecken und mich mit Menschen in der Fremde zu verständigen, auch wenn wir unterschiedliche Sprachen sprechen. An Orte zu fahren, die schön sind, zu beobachten.

KNA: Ist das auch für Ihre Arbeit wichtig?

Waechter: Ja, das kann auch inspirierend sein. Was passiert uns, was fällt uns auf?

KNA: Haben solche Urlaubserlebnisse auch Eingang in Ihre Bücher gefunden?

Waechter: Manchmal schon. Zum Beispiel haben mein Sohn und eine Freundin einmal im Urlaub zu uns Eltern gesagt, als sie durchsetzen wollten, dass sie an einem weiteren Skikurs teilnehmen dürfen: “Ihr wollt doch auch, dass wir uns weiterentwickeln”. Das fand ich so herrlich, dass ich diesen Satz in meinem Comic “Toni – Und alles nur wegen Renato Flash” der Hauptfigur Toni in den Mund gelegt habe. Das sagt er zu seiner Mutter, als er unbedingt neue Fußballschuhe will, obwohl die alten noch gut sind.

KNA: Viele schauen nur noch auf ihr Smartphone – wieso sollten Kinder überhaupt mit ihren Eltern Bücher anschauen?

Waechter: Ich glaube, dass es etwas ganz Besonderes und Schönes ist, vor dem Schlafengehen sich gemeinsam mit seinem Kind ins Bett zu setzen und ein Buch anzuschauen. Und es ist natürlich auch sehr gemütlich. Man kann über das Buch ins Gespräch kommen. Ich selbst bin immer ganz beglückt von der Situation. Mit dem Smartphone kann man das nicht machen, da gibt es kein Gemeinschaftserlebnis. Außerdem riechen Bücher anders und man kann sie anfassen. Das einzige, was mir beim digitalen Anschauen meiner eigenen Bücher besser gefällt als im Druck: Auf dem Bildschirm leuchten die Farben immer so schön.