KI und Demokratie: Lokalrundfunk diskutiert über die Zukunft

Mit 746.000 Zuschauerinnen und Zuschauern an einem durchschnittlichen Tag unter der Woche erreichen die 14 bayerischen Lokal-TV-Programme laut Funkanalyse Bayern 2024 genauso viele Menschen wie im vergangenen Jahr. 60,6 Prozent der Menschen ab 14 Jahren wissen um das lokale Fernsehangebot und damit 1,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zuschauer im Lokal-TV werden allerdings immer älter. Lag der Anteil der über 50-Jährigen 2023 noch bei 61,3 Prozent, sind es 2024 ganze 70,4 Prozent. Besonders schätzen die Zuschauer laut der Funkanalyse Informationen aus Bayern und der Region sowie Informationen über Heimatgeschichte, Brauchtum und Tradition oder Ausflugstipps.

Für Thorsten Schmiege, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), sind lokales Radio und lokales Fernsehen als Qualitätsmedien „für die Menschen einfach unersetzlich“. Dies habe erst vor Kurzem das Hochwasser in Bayern und Baden-Württemberg gezeigt, sagte er bei der Eröffnung der Lokalrundfunktage in der Nürnberger Messe am Dienstag. Die Zugriffe auf die Online-Angebote der Sender seien in dieser Zeit teilweise um den Faktor drei und mehr gestiegen. Gerade in Krisen werde Lokalrundfunk als vertrauensvolle Informationsquelle genutzt. Dazu gehöre auch ein aktuelles, eigenständiges Online-Angebot.

Diesen Online-Trend bestätigen auch die Nutzungszahlen bei den lokalen Hörfunkprogrammen. Laut Funkanalyse Bayern ist die Tagesreichweite von 2,69 Millionen Hörerinnen und Hörern 2023 auf 2,64 Millionen 2024 gesunken. Mit 78,5 Prozent insgesamt hören weniger Menschen Radio als im Vorjahr (81,3 Prozent). Bei den Menschen, die unter der Woche Radio hören, konnte der lokale Hörfunk seinen Marktanteil jedoch von 17,6 auf 18,8 Prozent ausbauen. Besondere Kompetenzen der Sender liegen laut ihren Stammhörern in der Musik, den lokalen Informationen, Verkehrsmeldungen und Veranstaltungshinweisen. 35 Prozent der Hörer empfangen Lokalradio ausschließlich über digitale Verbreitungswege (2023: 31 Prozent).

2024 feiert die BLM 40 Jahre privaten Rundfunk sowie 75 Jahre Grundgesetz und damit 75 Jahre Rundfunkfreiheit. Schmiege rief angesichts der Ergebnisse der EU-Wahlen dazu auf, die Demokratie mutig zu verteidigen. Studien belegten, dass sich radikale Tendenzen verstärken, wo lokale Medien fehlten, sagte er weiter. Lokale Inhalte spielten „eine herausragende Rolle bei der Förderung von bürgerschaftlichem Engagement und dem Zusammenhalt in unserer Gesellschaft“. Sie seien „nicht nur das Herzstück unserer Gesellschaft. Sie sind das Herzstück unserer Demokratie“. Daher müsse in die Zukunft der lokalen Medien investiert werden. Da die Konkurrenz in der digitalen Welt groß sei, brauche es laut Schmiege auch Mut zu Kooperation und zur Veränderung.

Bei den Lokalrundfunktagen Nürnberg diskutieren Expertinnen und Experten zwei Tage lang über Künstliche Intelligenz, die Rolle des Lokalrundfunks für die Demokratie und die Chancen und Herausforderungen für lokale Medien in der digitalen und globalen Welt. Anlässlich des 40-jährigen Jubiläums des Privatfunks ist am Dienstag zum ersten Mal ein BLM-Ehrenpreis verliehen worden. Diesen erhielt der Verleger und Rundfunk-Pionier Gunther Oschmann für seine „Leidenschaft für Lokaljournalismus, Mut zu Veränderung und Innovation sowie die Charaktereigenschaft, seine Heimat zu lieben, aber trotzdem immer über den Tellerrand hinauszuschauen“, sagte BLM-Präsident Schmiege. (00/1937/25.06.2024)