„Ker, wie ich mich freu!“

Die Bude gehört zum Ruhrgebiet wie der „FC Schalke“ und die Zechentürme. Beim Kirchentag in Berlin sind die Büdchen Botschafter für das Protestantentreffen 2019 in Dortmund

epd

Einige Passanten, die an der Bude in der Dortmunder Innenstadt vorbeikommen, halten kurz inne, um zu schauen. Der Slogan „Glückauf und Halleluja“ macht schon deutlich, dass es sich nicht um einen regulären Kiosk handelt.
Zehn solcher Büdchen, wie sie für das Ruhrgebiet typisch sind, werben jetzt beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Berlin und Wittenberg in diesen Woche für das nächste Protestantentreffen in Dortmund 2019. Bis zu ihrem Transport nach Berlin waren die Buden in den westfälischen Kirchenkreisen und natürlich in Dortmund zu sehen.
„Wir haben überlegt, was ist typisch für Dortmund und das Ruhrgebiet?“, erzählt der Ökumene-Referent im Kirchenkreis Dortmund, Dirk Loose. „Dabei sind wir auf die Buden gekommen.“ Zudem sollte es eine Aktion sein, die nicht nur einmalig am Kirchentag in Berlin und Wittenberg zum Einsatz käme. Das Projekt wurde vom westfälischen Landesausschuss für den Kirchentag auf den Weg gebracht. Acht Kirchenkreise und zwei Werke der Evangelischen Landeskirche haben jeweils eine dieser fahrbaren Buden gestaltet.
Die mobilen Kioske sind eine Art Litfaßsäulen für die Einladung nach Dortmund. Jeder beteiligte Kirchenkreis hat sie zusätzlich mit eigenen Sprüchen oder Graffitis versehen. Rund um die Buden soll es an den verschiedenen Plätzen auf dem Kirchentag Mitmachaktionen, Live-Musik, Filme und Gelegenheit für Gespräche geben.
Die Dortmunder wollen an ihrer Bude mit speziellen Bierdeckeln zu verschiedenen Aktionen aufrufen. 100 000 Bierdeckel sind dafür produziert worden – mit einladenden Ruhrgebietssprüchen wie „Ker, wie ich mich freu!“, „Hömma, schön datte da biss!“, „Hier bisse genau richtich!“ Im Ruhrgebiet sei ja auch der Humor zu Hause, sagt Losse. „Wir hoffen, dass sich das auf die Kirchentagsbesucher überträgt.“
Ähnlich wie an echten Büdchen hängen auch hier auf der einen Seite Zeitungen, allerdings sind es hier Attrappen: Die großen Blätter verkünden schon die Schlagzeilen aus dem Jahr 2019 wie „Kirchentag in Dortmund großer Erfolg“ oder „Polizei begeistert von Friedfertigkeit“.
Buden und Trinkhallen sind im Ruhrgebiet ein Kulturgut. Mit einem „Tag der Trinkhallen“ feierte das Ruhrgebiet denn auch im vergangenen Jahr die Kultur seiner Kioske. Das „kleine Büdchen umme Ecke“ stehe wie kaum eine andere Institution für die Lebensweise der Menschen im Ruhrgebiet, erklärten dazu die Veranstalter. Hier traf und trifft man sich auf dem Weg zur Arbeit oder bei den kleinen Besorgungen und konnte sich zwanglos austauschen. Rund 8000 solcher Kioske soll es noch heute im Revier geben.
Die ersten Trinkhallen waren in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden. Eine der größten Herausforderungen sei damals die Versorgung von fünf Millionen Menschen im Ruhrgebiet mit sauberem Trinkwasser gewesen, erläuterte die Kulturdezernentin des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Barbara Rüschoff-Thale, anlässlich einer aktuellen Ausstellung im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg in Waltrop über westfälische Trinkkultur. Anfangs verkauften die Buden Mineralwasser an die Arbeiter. Im Laufe der Jahre kamen Tee, Kaffee, Milch und Tabakwaren hinzu, später auch Speisen, Zeitungen und Alkohol.
Am Ende des aktuellen Kirchentages wird dann der Blick auf den kommenden im Ruhrgebiet gerichtet. Der Berliner Bischof Markus Dröge übergibt den „Staffelstab“ an die westfälische Präses Annette Kurschus. Beim Abschlussgottesdienst in Wittenberg spricht die künftige Gastgeberin Kurschus die Einladung nach Dortmund aus. Während der fünf Tage unter dem Motto „Du siehst mich“ in Berlin präsentiert eine „Westfalenhalle“ auf dem Messegelände ein buntes Kulturprogramm.
Die fahrbaren Buden, die für den Kirchentagsabschluss von Berlin nach Wittenberg kommen, werden danach in Westfalen weiter für das Protestantentreffen in Dortmund werben: Sie rollen zu Kreiskirchentagen, zum Katholikentag im Jahr 2018 in Münster sowie zu ökumenischen Festivals.