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Keine geheime Sache: Kirchenarchive machen Informationen zugänglich

Ortschroniken bieten wertvolle Einblicke in die Kirchengeschichte. Doch ihr Zugang war lange beschränkt. Jetzt gilt: Archivgut muss gesichert und zugänglich gemacht werden. Ein Kommentar.

Historische Ortschroniken sollen leichter einsehbar werden (Archivbild)
Historische Ortschroniken sollen leichter einsehbar werden (Archivbild)epd-bild/ Bettina von Clausewitz

Jüngst war die Debatte darüber, wann Zeugnisse der schriftlichen Überlieferung zur Einsicht vorgelegt werden dürfen, über den Ortschroniken neu entbrannt. In der mitteldeutschen Landeskirche (EKM) zählen sie nach geltendem Recht zum Archivgut, sind auf Dauer zu sichern und bei berechtigtem Interesse unter Wahrung der Schutzfristen zur Einsicht vorzulegen. Ein Kommentar von Christina Neuss.

In den beiden Vorgängerkirchen der EKM gab es unterschiedliche Rechtsgrundlagen und Traditionen. Während der preußisch geprägte Norden keine Pflicht zum Anlegen einer Ortschronik kennt, gehörte sie im thüringischen Süden von jeher zu den Dienstpflichten im Pfarramt. Zu den obligatorischen Inhalten der ausschließlich vom Pfarrer zu führenden Ortschronik gehörten seit 1955 unter anderem die Auflistung von Einrichtungen und Werken der Kirche, Auflistung von Personen im Dienst der Gemeinde, Interna der Gottesdienste, kirchliche Amtshandlungen, Vermögenswerte, Ein-, Aus- und Übertritte, „Volkskunde“, Äußerungen des Wirtschafts- und Geisteslebens, soziale Umschichtungen, Naturerscheinungen, Seuchen bei Mensch und Tier – Zeitläufte eben, historisch spannend, kaum brisant oder sensationell. In etlichen Chroniken sind hingegen die Jahresschilderungen zwischen 1933 und 1945 säuberlich herausgetrennt.

Zugang zu Ortschroniken war lange Zeit stark eingeschränkt

Nicht nur Historikern, sondern auch den Mitgliedern des eigenen Gemeindekirchenrats verwehrte die thüringische Vorschrift lange Zeit den Zugang zu den Ortschroniken. Vor allem die Angst, mögliche seelsorgliche Inhalte preiszugeben, trieb diese Vorsicht voran. Sie sitzt in einigen Gemeinden bis heute tief. Sie ist unbegründet. Die im Archivgesetz festgelegten Schutzfristen und Zugangsregelungen machen Sonderregelungen obsolet und ermöglichen auch in Zukunft die wissenschaftliche Auswertung der Informationen in den Ortschroniken.

Das Positionspapier des Verbandes deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA) formuliert deutlich die zentrale Aufgabe: „Archive haben die Aufgabe, wesentliche Informationen aus der öffentlichen Verwaltung, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft dauerhaft zu sichern und für die Allgemeinheit zugänglich zu machen.“

Frau mit kurzem Haar steht vor einem Bücherregal.