Keine Abschiebungen mehr aus dem Kirchenasyl in Niedersachsen

Zwischen Kirchen und Staat kommt es immer wieder zu Streit ums Kirchenasyl. Dürfen die Kirchen es gewähren oder wird doch abgeschoben? Nach der Überstellung einer russischen Familie wurden nun Konsequenzen gezogen.

Aus einem Kirchenasyl will das Land Niedersachsen künftig keine weiteren Abschiebungen oder Überstellungen von Menschen in andere EU-Staaten vornehmen. Zudem solle das Verständnis von Härtefällen zwischen Kirchen und Behörden neu austariert werden, teilte die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) am Dienstag in Hannover mit. Der Beschluss ist das Ergebnis eines Treffens von Behrens mit dem evangelischen Landesbischof Ralf Meister und weiteren evangelischen Kirchenvertretern in Niedersachsen sowie dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen zum Thema Kirchenasyl.

Beim sogenannten Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Ordensgemeinschaften vorübergehend Asylbewerber auf, um eine Abschiebung abzuwenden, weil diese für den Flüchtling eine Bedrohung an Leib und Leben darstellt. 2015 hatten sich Kirchen und BAMF laut Angaben auf ein Verfahren geeinigt. Nach diesem muss eine Kirchengemeinde in einem sogenannten Dossier die Gründe darlegen, warum sie im Einzelfall Kirchenasyl gewährt.

Hintergrund des Treffens war einerseits die stark gestiegene Zahl der Fälle von Kirchenasyl. Andererseits hatte die Überstellung einer russischen Familie aus einer Kirchengemeinde im niedersächsischen Bienenbüttel (Landkreis Uelzen) nach Spanien für Aufsehen gesorgt.

Trotz der gestiegenen Zahlen erkenne das BAMF nur in den wenigsten Fällen an, dass es sich bei den Verfahren um Härtefälle handele, erklärte die niedersächsische Innenministerin. “Das bringt uns als Land in eine Situation, in der wir Überstellungen, wie die der Familie aus Bienenbüttel nach Spanien, in Vollzugshilfe für das BAMF trotz menschlicher Härten durchführen müssen.” Dies sei insbesondere für die Betroffenen hoch belastend, aber auch für die Gemeinden und alle an diesen Verfahren Beteiligten “keine angenehme Lage”. Behrens ist deshalb nach eigenen Worten sehr daran gelegen, dass die Kirchen und das BAMF wieder ein gemeinsames Verständnis davon entwickeln, wann ein Härtefall vorliegt. Beide Parteien vereinbarten bei dem Treffen weitere Gespräche zu diesem Thema.

Landesbischof Meister begrüßte die Worte der Innenministerin. Sakrale oder sakral genutzte Räume genössen einen besonderen Schutz, der nicht angetastet werden solle. “Kirchengemeinden werden auch in Zukunft nach sorgfältiger Prüfung und als Gewissensentscheidung Kirchenasyl gewähren”, betonte er.