Die Schriftstellerin Katja Lange-Müller ist in München mit dem Thomas-Mann-Preis ausgezeichnet worden. Als „Virtuosin der kurzen Form“, die nie „von einer Tradition oder Theorie erdrückt“ werde, würdigte sie Literaturkritiker Carsten Otte in seiner Laudatio bei der Preisverleihung am Donnerstag laut Manuskript. Der Preis, den die Bayerische Akademie der Schönen Künste jährlich gemeinsam mit der Hansestadt Lübeck vergibt, ist mit 25.000 Euro dotiert. Verliehen wurde er von Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) und Akademiedirektor Winfried Nerdinger in der Münchner Residenz.
Die 1951 in Ostberlin geborene Autorin erhalte den Preis für ihr Werk, das mit „grotesker Komik und Melancholie literarische Verhaltensforschung betreibt: an Menschen, Tieren und Pflanzen“, so die Jury. Lange-Müller erzähle „ohne Larmoyanz und Belehrungswahn von Außenseitern und Scheiternden in den Ausnahmezuständen des Alltags“. Otte lobte ihre „wundersamen Neologismen“, die „unerbittlichen und gleichwohl am humanistischen Ideal orientierten Figurenbeschreibungen“ sowie ihren „lakonischen Realismus“.
Seit ihrem Debüt „Wehleid“ (1986) habe Lange-Müller in Romanen und Erzählungen „unsere Lebenswelt ausgeleuchtet: durch scharfe Milieubeobachtungen“, so die Jury. Es geht etwa um die Vor- und Nachwendezeit („Unser Ole“, 2024), die Hintergründe der Hilfsorganisationen („Drehtür“, 2016) oder die Falltüren der Liebe („Böse Schafe“, 2007). Laut Otte gelingt es der Autorin, nach dem von ihr beschriebenen Brühwürfel-Prinzip zu schreiben – maximal verdichtet, ohne jedes überflüssige Wort.
Lange-Müller ging 1984 nach Westberlin. All die deutsch-deutschen Erfahrungen seien in ihr Werk eingeflossen. Ihre Texte seien „immer politisch“ und der kritischen Aufklärung verpflichtet, und sie schreibe für ein mündiges Publikum – was Thomas Mann freuen würde, so Otte.