Katholischer Bischof wirbt in Anglikaner-Kathedrale für Einheit

Je nach Lesart gibt es zwischen Anglikanern und Katholiken mehr Einendes als Trennendes. Das wurde nun bei einem Gipfeltreffen betont, auch von den Kirchenoberhäuptern.

Das anglikanisch-katholische Gipfeltreffen in Rom und England geht an diesem Montag zu Ende. In der Kathedrale von Canterbury, dem Herzen der anglikanischen Weltgemeinschaft, forderte der katholische Bischof von Hongkong am Sonntag die rund 50 Bischöfe und Bischöfinnen beider Konfessionen zur Einheit auf. „Wir Anglikaner und Katholiken sind aufgerufen, einzeln und gemeinsam Jesus-Partner zu sein“, sagte Kardinal Stephen Chow Sau-yan in seiner Predigt.

„Die zwölf Apostel und die Jünger waren nicht dazu berufen, Lager zu bilden, für ihre eigenen Missionen zu arbeiten oder gegeneinander zu konkurrieren“, sagte Chow. Vielmehr sollten sie eine Gemeinschaft bilden, die im Namen des dreieinigen Gottes betete und urteilte, lehrte und diente, betonte der katholische Bischof.

Am Dienstag hatte das Treffen der anglikanischen und katholischen Bischöfe aus 27 Ländern unter dem Motto „Growing Together“ (Gemeinsam wachsen oder auch Zusammenwachsen) in Rom begonnen, an dem zeitweise auch Papst Franziskus und Anglikaner-Primas Erzbischof Justin Welby von Canterbury teilnahmen. Im südenglischen Canterbury setzten die Bischöfe am Samstag ihre Diskussionen über Themen aus Kirche und Welt fort und berieten über ein Papier zu Möglichkeiten des gemeinsamen Zeugnisses und der engeren Zusammenarbeit der beiden bedeutenden christlichen Konfessionen. Die Veröffentlichung des Dokuments soll in Kürze erfolgen. Zur anglikanischen Kirche gehören weltweit zwischen 77 und 85 Millionen Mitglieder; zur katholischen rund 1,4 Milliarden.

Bei der Begegnungswoche pilgerten die Bischöfe zu heiligen Stätten in Rom und Canterbury, die für die gemeinsamen Wurzeln beider Traditionen von Bedeutung sind. Als Fazit betonten sie, wie wichtig es sei, einander zuzuhören und voneinander zu lernen, Gemeinsamkeiten zu feiern und Möglichkeiten zu beraten, als Partner im Evangelium zusammenzuarbeiten. Das Treffen wurde von der Internationalen anglikanisch-römisch-katholischen Kommission für Einheit und Mission (IARCCUM) organisiert, die von beiden Kirchen für den ökumenischen Dialog gegründet wurde.

In einer ungewöhnlichen Geste setzten Papst Franziskus und Anglikaner-Primas Welby am Donnerstag ein starkes Zeichen für die Einheit der Christen. Am Grab des Apostels Paulus in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern beauftragten sie katholische und anglikanische Bischöfe paarweise, Zeugen dieser Einheit zu sein. Je ein Katholik und ein Anglikaner traten gemeinsam an den Altar und tauschten zunächst mit dem Papst und dann mit Welby den Friedensgruß aus. Da in der anglikanischen Kirche auch Frauen Priester werden können, gab es dabei auch einige wenige geschlechtergemischte Paare.

Am Freitag feierten die Bischöfe einen Gottesdienst in der Kirche San Gregorio al Celio, von wo aus Papst Gregor der Große den heiligen Augustinus im Jahr 597 nach England geschickt hatte, um der erste Erzbischof von Canterbury zu werden.

In Canterbury wurde in der dortigen anglikanischen Kathedrale wie auch in der einzigen katholischen Kirche der Stadt, der Pfarrkirche St. Thomas von Canterbury, wiederum ökumenische Gastfreundschaft praktiziert: Die Predigt hielt der anglikanische Bischof von Quebec (Kanada), Bruce Myers. In Rom hatte Anglikaner-Primas Welby im Petersdom gesprochen.