Katholische Bistümer in NRW verurteilen antisemitische Aggressionen

Die katholischen Bistümer in Nordrhein-Westfalen solidarisieren sich mit Jüdinnen und Juden. „Als Kirche haben wir schon einmal den Fehler gemacht, stillschweigend daneben zu stehen, während unseren jüdischen Nachbarn der Hass und die Gewalt einer ideologisierten Menge entgegenschlug“, erklärten die leitenden Geistlichen der fünf NRW-Bistümer Aachen, Essen, Köln, Münster und Paderborn am Mittwoch mit Blick auf den 85. Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November. „Die Menge erwuchs zur Masse, und auch in der katholischen Kirche nahmen allzu viele in Kauf oder arbeiteten aktiv daran, dass unendliches Leid über das jüdische Volk hereinbrach.“ Die Zeit des „Nie wieder“ sei jetzt, betonten sie.

Die Erklärung „Jetzt ist die Zeit!“ haben der Paderborner Diözesanadministrator Michael Bredeck, der Aachener Bischof Helmut Dieser, der Münsteraner Bischof Felix Genn, der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck und der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki unterzeichnet. „Der terroristische Angriff der Hamas auf Israel löst bei uns Entsetzen und Abscheu aus“, betonten sie. „Wir verurteilen die Gewalt, die im Namen Gottes verübt wird, auf das Schärfste.“

Die vielen Toten und Verletzten seien das Ergebnis „des hasserfüllten Terrors einer kleinen Gruppe“. Israel habe das Recht, sich zu verteidigen und die Pflicht, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen. „Wir stehen an der Seite der Trauernden und beklagen die vielen Opfer des Überfalls auf Israel und die vielen Menschen, die in der Folge auf beiden Seiten der Grenze ihr Leben verloren haben“, erklärten die katholischen Geistlichen.

„Nach den schrecklichen Geschehnissen im Nahen Osten erleben wir in Deutschland antisemitische und antiisraelische Aggressionen und Gewalttaten“, betonten sie. „Wir werden uns zunehmend bewusst, dass der christliche Antijudaismus dem modernen Antisemitismus einen fruchtbaren Boden bereitet hat und dass auch in unseren Kirchen und Gemeinden die Aufarbeitung noch nicht abgeschlossen ist.“ Sie nähmen die Herausforderung an, dass „so viele Menschen für menschenfeindliches Gedankengut ansprechbar“ seien. „Deshalb sind wir in unseren Bildungseinrichtungen gefordert, die Erinnerungskultur zu stärken und noch stärker gegen den Antisemitismus vorzugehen“, unterstrichen sie. „Wir müssen alles dafür tun, dass jüdisches Leben sicher bleibt – in Deutschland, in Israel und überall.“

Mit den Novemberpogromen vor 85 Jahren gingen die Nationalsozialisten zur offenen Gewalt gegen die jüdische Minderheit vor. Während der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten unzählige Synagogen, jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden verwüstet und jüdische Bürger misshandelt und getötet. Das öffentliche Leben der Juden in Deutschland kam nach den Pogromen völlig zum Erliegen. Nach den gewaltsamen Übergriffen begann auch die flächendeckende staatliche Enteignung jüdischen Besitzes. Drei Jahre später, im Jahr 1941, setzten die Deportationen deutscher Juden in die Todeslager ein.