Katholikentag wirbt für Verteidigung der Demokratie

Russlands Präsident Putin will das Vertrauen in die Demokratie in Europa untergraben – so die Einschätzung einer prominenten Menschenrechtlerin beim Katholikentag. Auch mehrere Bischöfe mahnen, die Demokratie nicht zu vernachlässigen.

Bischöfe und Menschenrechtler haben beim Katholikentag vor Gefahren für die Demokratie gewarnt. Die russische Friedensnobelpreisträgerin Irina Scherbakowa sagte am Donnerstag in Erfurt, Russland versuche mit Propaganda, das Vertrauen in Institutionen im Westen zu untergraben.

“Wir sehen überall die Kräfte von links oder von rechts, populistische, rechtsradikale, linksradikale, die Institutionen gefährden”, fügte Scherbakowa hinzu. Wenn Menschen das Vertrauen in Institutionen und Medien verlören, spiele das undemokratischen Kräften in die Hände. Scherbakowa ist Gründungsmitglied der Menschenrechtsorganisation Memorial, die 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige wandte sich gegen die Vorstellung, Kirche dürfe sich nicht in die Politik einmischen. In seinem Predigttext zur Fronleichnamsfeier am Donnerstagabend erinnerte er an die Zeit des Nationalsozialismus und Kommunismus, in der der Glaube ins Private zurückgedrängt wurde: “Das Christentum sollte höchstens noch auf Gottesdienst und Sakristei beschränkt sein oder als private Gefühlsangelegenheit im stillen Kämmerlein dahinvegetieren dürfen.”

Auch heute versuchten manche Gruppierungen wieder, Religion ins Abseits zu drängen, sagte Feige. Unter Verweis auf die Neutralität des Staates werde die Kirche aufgefordert, nur die religiösen Bedürfnisse ihrer Mitglieder zu erfüllen. Feige hielt dagegen: “Wenn es grundsätzlich und konkret um die Würde und Freiheit eines jeden Menschen geht, die Achtung der Menschenrechte und das Gemeinwohl, den Frieden und die Bewahrung der Schöpfung, können und dürfen wir als Kirchen nicht schweigen.”

Ähnlich hatte sich zuvor der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz geäußert. Bischof Georg Bätzing sagte bei einem Empfang: “Unser Gott ist parteiisch. Er steht auf der Seite der Gerechten, des Rechts.” Daher äußere sich die Kirche oft zu Fragen des Friedens, der Klima- und Asylpolitik sowie gegen völkischen Nationalismus. Auch wenn das Christentum in Deutschland zu einer Minderheit werde, müsse die Kirche ihren Beitrag zum Frieden leisten, unterstrich Bätzing.

Laut Mitteilung der Veranstalter feierten rund 6.000 Menschen am Donnerstagvormittag auf dem Erfurter Domplatz einen ökumenischen Gottesdienst zum Fest Fronleichnam. Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr predigte bei regnerischem Wetter zusammen mit der Sprachwissenschaftlerin Ulrike Lynn über das Motto des Katholikentags “Zukunft hat der Mensch des Friedens”. Christen dürften sich nicht entmutigen lassen in ihrem Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden.

Auf dem Programm des Katholikentags standen am Donnerstag unter anderem die Themen Missbrauchsskandal und Reformen in der Kirche. Am Freitag und Samstag werden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie mehrere Ministerinnen und Minister in Erfurt erwartet.