Katholikentag wirbt für Demokratie – und für Reformen

Das Wetter spielt nicht mit. Aus dem Himmel über Erfurt fallen beim Katholikentag immer wieder Regentropfen. Die Ernsthaftigkeit der Debatten leidet aber nicht.

Regenjacken und Schirme sind beim Katholikentag sehr gefragt, auch beim Gottesdienst zu Fronleichnam
Regenjacken und Schirme sind beim Katholikentag sehr gefragt, auch beim Gottesdienst zu FronleichnamImago / epdbild

Etwa eine Woche vor der Europawahl haben Bischöfe und Menschenrechtler beim Katholikentag vor Gefahren für die Demokratie gewarnt. Die russische Friedensnobelpreisträgerin Irina Scherbakowa sagte in Erfurt, Russland versuche mit Propaganda, das Vertrauen in Institutionen im Westen zu untergraben.

“Wir sehen überall die Kräfte von links oder von rechts, populistische, rechtsradikale, linksradikale, die Institutionen gefährden”, fügte Scherbakowa hinzu. Wenn Menschen das Vertrauen in Institutionen und Medien verlören, spiele das undemokratischen Kräften in die Hände.

Katholikentag: Kirche will sich einmischen

Am zweiten Tag des Christentreffens wandte sich der Magdeburger Bischof Gerhard Feige gegen die Vorstellung, Kirche solle sich aus der Politik heraushalten. In seinem Predigttext zu Fronleichnam am Donnerstagabend erinnerte er an die Zeit des Nationalsozialismus und Kommunismus, in der der Glaube ins Private zurückgedrängt worden sei: “Das Christentum sollte höchstens noch auf Gottesdienst und Sakristei beschränkt sein oder als private Gefühlsangelegenheit im stillen Kämmerlein dahinvegetieren dürfen.”

 

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Auch heute versuchten manche Gruppierungen wieder, Religion ins Abseits zu drängen, sagte Feige. Und weiter: “Wenn es grundsätzlich und konkret um die Würde und Freiheit eines jeden Menschen geht, die Achtung der Menschenrechte und das Gemeinwohl, den Frieden und die Bewahrung der Schöpfung, können und dürfen wir als Kirchen nicht schweigen.”

Ähnlich hatte sich zuvor der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz geäußert. Bischof Georg Bätzing sagte bei einem politischen Empfang: “Unser Gott ist parteiisch. Er steht auf der Seite der Gerechten, des Rechts.” Daher äußere sich die Kirche oft zu Fragen des Friedens, der Klima- und Asylpolitik sowie gegen völkischen Nationalismus. Dies gelte auch, wenn das Christentum in Deutschland zu einer Minderheit werde, unterstrich Bätzing.

Erfurt – wo Christen die Minderheit sind

Erst zum zweiten Mal seit 1990 findet der Katholikentag in einem ostdeutschen Bundesland statt. Christen sind hier eine kleine Minderheit. In Thüringen sind nur sieben Prozent der Menschen katholisch.

Laut offiziellen Angaben nahmen rund 6.000 Menschen an einem Gottesdienst vor der imposanten Kulisse des Doms teil. Christen dürften sich nicht entmutigen lassen in ihrem Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden, sprach ihnen der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr Mut zu. Das Motto des Treffens heißt “Zukunft hat der Mensch des Friedens” und wurde gewählt mit Blick auf zahlreiche Kriege und Konflikte, die die Welt in Atem halten.

Missbrauch wird Thema

Auch innerkirchliche Themen kamen bereits zur Sprache, etwa der Missbrauchsskandal und seine drastischen Folgen. Angesichts der vielfachen Rufe nach Reformen sagte Bätzing, er wolle sich im Vatikan weiterhin dafür einsetzen, dass Frauen in der katholischen Kirche zu Diakoninnen geweiht werden können. “Eine Möglichkeit wäre vielleicht, dass der Papst den Weg dafür grundsätzlich frei macht und es dann den jeweiligen Ortskirchen überlässt”, so der Konferenz-Vorsitzende. Auch für Segnungen von gleichgeschlechtlichen Paaren wolle er eintreten.