Katholikentag mahnt Kirchenreformen an

Zum Auftakt des Katholikentages in Erfurt haben die Veranstalter eine umfassende und rasche Reform der katholischen Kirche angemahnt. „Es ist genug geredet. Es muss gehandelt werden“, sagte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, am Mittwoch vor Journalisten: „Die Kirche ist in einer Krise, die nicht nur vom Glaubenswandel zeugt. Sie ist in einer Krise, die sie selbst mitverschuldet hat.“ Der Missbrauchsskandal habe in großem Maße Vertrauen zerstört.

„Meine Ungeduld ist groß, und nicht nur meine“, fügte Stetter-Karp hinzu: „In einer Weltkirche, die die Verantwortung und Macht ihrer Bischöfe betont, erwarte ich von eben jenen Bischöfen – auch dem Bischof von Rom, unserem Papst -, dass nun endlich das Ruder herumgeworfen wird.“

„Unsere Demokratie ist bedroht“, betonte Stetter-Karp. Der Katholikentag sei daher kein Ort für „populistische Parolen, für Diffamierung von Menschen und das Verächtlich machen der Demokratie“, so die ZdK-Präsidentin: „Menschen, die dies tun, Menschen, die sich in Parteien organisieren, die auf Ausgrenzung und völkischen Nationalismus setzen, haben auf unseren Podien keinen Platz. Hier ziehen wir eine klare Grenze.“ Bereits zuvor wurde deutlich gemacht, dass keine Vertreter der AfD auf Podien des Treffens eingeladen werden.

Angesichts von Kriegen, Klimawandel, Artensterben, sozialen Spaltungen und Krisen in Politik und Kirche will das Christentreffen ein Hoffnungszeichen setzen. Der 103. Deutsche Katholikentag, der vom ZdK veranstaltet wird, ist der erste in einem ostdeutschen Bundesland nach dem 100. Deutschen Katholikentag in Leipzig 2016. Die erwartete Zahl von 20.000 Anmeldungen sei bereits erreicht, sagte Katholikentags-Geschäftsführer Roland Vilsmaier. Für sehr viel mehr Besucher gebe es in der Stadt Erfurt mit Blick auf die Unterbringungsmöglichkeiten auch keine Kapazität, hieß es weiter.

Der Katholikentag steht unter dem biblischen Leitwort „Zukunft hat der Mensch des Friedens“ aus Psalm 37. Mit Blick auf die Wahl zum Europäischen Parlament am 9. Juni findet ein Europatag statt. Zugleich werden Podien zum Konflikt in Israel und Gaza sowie zum Thema „Demokratischer Frieden in Zeiten des Populismus“ angeboten.

Der Bischof des gastgebenden Bistums Erfurt, Ulrich Neymeyr, hob besonders die Ökumene hervor. Ohne diese sei der Katholikentag nicht denkbar: „Wir feiern eigentlich einen Ökumenischen Kirchentag.“

Zur Eröffnung des Großereignisses am frühen Abend wurde Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie zahlreiche Bundesminister haben sich auf dem fünftägigen Treffen angekündigt. Zudem sind zahlreiche Prominente aus Kultur, Wissenschaft, Kirche und Gesellschaft vertreten.

Katholische Organisationen präsentieren sich an Ständen auf der Kirchenmeile in der Erfurter Innenstadt. Neben einem reichhaltigen geistlichen Angebot laden die Veranstalter zudem zu rund 150 Kulturveranstaltungen mit Musik, Theater, Tanz und Kabarett ein.

Alle zwei Jahre veranstaltet das ZdK einen Katholikentag, jeweils in einem anderen Bistum. Man wechselt sich dabei mit evangelischen Kirchentagen ab. Der 102. Deutsche Katholikentag fand im Mai 2022 in Stuttgart mit rund 27.000 Teilnehmenden statt. Der 104. Deutsche Katholikentag ist vom 13. bis 17. Mai 2026 in Würzburg geplant. Davor wird der 39. Deutsche Evangelische Kirchentag (DEKT) vom 30. April bis zum 4. Mai 2025 in Hannover ausgerichtet.