Käßmann: Verzicht auf Gottesformel in Amtseid „schade“

Nur etwa die Hälfte der Mitglieder der neuen Bundesregierung hat den Eid mit Gottesformel gesprochen. Das bedauert die frühere hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann – aus mehreren Gründen.

Im Bundestag sind die neuen Minister vereidigt worden
Im Bundestag sind die neuen Minister vereidigt wordenChristian Ditsch / epd

Berlin. Die evangelische Theologin Margot Käßmann findet es „schade“, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und viele Minister der neuen Regierung bei ihrem Amtseid auf die Formel „So wahr mir Gott helfe“ verzichtet haben. „Denn wer sich auf Gott beruft, sieht sich ja in Verantwortung vor einer größeren Instanz“, schrieb die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in der „Bild am Sonntag“. Andererseits sei es ein Zeichen für den schwindenden Einfluss der Kirchen: „Und der ist schlicht Realität.“

Dem Bundeskanzler und seinen Kabinettsmitgliedern ist es vom Grundgesetz freigestellt, ob sie den Amtseid mit religiöser Beteuerung leisten. Am 8. Dezember sprachen 9 der 17 Kabinettsmitglieder den Eid mit den Worten „So wahr mir Gott helfe“. Die anderen, darunter Scholz, ließen den Satz weg.

Der Fürbitte gewiss

Es sei gut, dass die Kirchen dem neuen Bundeskanzler gratuliert und Gottes Segen gewünscht haben, so Käßmann weiter. Gut sei auch, dass viele Gemeinden in Deutschland die neuen Verantwortlichen in ihre Fürbitte in den Gottesdiensten aufnehmen: „Menschen in der Politik, die sich christlich verankert wissen, dürfen gewiss sein, dass ihr Glaube und ihre Glaubensgemeinschaft sie tragen.“ Und wer sich nicht religiös gebunden fühle, „darf dennoch der Fürbitte der anderen gewiss sein.“

Margot Käßmann
Margot Käßmannepd-bild/Jens Schulze

„Wir leben nicht mehr in einer Zeit, in der fast alle Deutschen Mitglied einer Kirche sind“, räumte Käßmann ein: „Der Koalitionsvertrag zeigt: Die Kirchen werden zwar gewürdigt, aber schlicht als Teil der Zivilgesellschaft.“ Daher seien die Kirchen jetzt gefordert, sich mit ihren Überzeugungen in die Gesellschaft einzubringen. „Denn als Christin bin ich überzeugt, dass unsere Grundüberzeugungen wertvoll sind für dieses Land“, erklärte die frühere hannoversche Landesbischöfin.

„Es geht um Nächstenliebe, die in Solidarität umgesetzt wird. Es geht um den Blick auf die Menschen am Rande und den Blick über den Tellerrand, den uns das Evangelium aufträgt“, so Käßmann weiter: Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung seien ein biblischer Auftrag. (epd)