In der schwarz-roten Koalition ist ein Rentenstreit entbrannt: Junge Unionsabgeordnete stellen sich gegen das auch von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) mitgetragene Rentenpaket. Dabei geht es vor allem um die sogenannte Haltelinie und die daraus entstehenden Kosten. Der Evangelische Pressedienst (epd) gibt einen Überblick:
Der Begriff meint die 2019 eingeführte Vorgabe, dass das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent fallen darf. Nach geltendem Recht wurde sie letztmalig bei der Rentenerhöhung im Juli 2025 angewendet – mit dem Rentenpaket soll sie bis Mitte 2031 verlängert werden. Das Rentenniveau beschreibt das Verhältnis zwischen einer Rente nach 45 Beitragsjahren mit jeweils durchschnittlichem Einkommen – auch Standardrente genannt – und dem Durchschnittseinkommen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Es handelt sich um eine rein statistische Größe, die nichts mit dem Verhältnis des individuellen Rentenanspruchs zum vorherigen Einkommen zu tun hat.
Sie kritisieren vor allem die Folgekosten der Festlegung bis 2031. Denn auch wenn die Haltelinie danach nicht mehr gilt und das Rentenniveau zu sinken beginnt, liegt es durch die vorherige Festschreibung höher. Das liegt daran, dass die jährliche Anpassung der Renten jeweils auf Grundlage der bisherigen Rentenhöhe berechnet wird. In den Erläuterungen zum Gesetzentwurf des SPD-geführten Bundesarbeitsministeriums heißt es: „Auch nach 2031 liegt das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht.“ Und weiter: „Die Mehraufwendungen der Haltelinie werden aus Steuermitteln ausgeglichen.“ Da die Haltelinie „über 2031 hinaus Wirkung entfaltet, ist auch die Erstattung dauerhaft zu zahlen“.
Nach Zahlen der Deutschen Rentenversicherung geht es um insgesamt etwa 117 Milliarden Euro von 2032 bis 2040. Das sei zu viel und belaste vor allem jüngere Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, finden die jungen Unionsabgeordneten. Es widerspreche auch der Festlegung des Koalitionsvertrags, am Nachhaltigkeitsfaktor festzuhalten.
Das ist eine Formel, die früher bei den jährlichen Rentenanpassungen verwendet wurde. Sie soll das Verhältnis zwischen rentenbeziehenden und beitragszahlenden Menschen abbilden. Wächst die Zahl der Rentnerinnen und Rentner schneller als die derjenigen, die Rentenbeiträge zahlen, fallen die Rentenerhöhungen geringer aus. Solange die Haltelinie gilt, ist der Nachhaltigkeitsfaktor ausgesetzt.
Weil die Koalition ohne die 18 Mitglieder der Jungen Gruppe keine Mehrheit im Bundestag hat, werden händeringend Lösungen gesucht. Denkbar sind verschiedene Optionen. Bundeskanzler Merz schlägt vor, die Verabschiedung des Gesetzentwurfs mit einer Erklärung zu verbinden, dass es keine Festlegungen über 2031 hinaus gebe und weitergehende Reformen des Rentensystems nötig seien. Dann könnten die jungen Unionsabgeordneten ihren Widerstand zurückziehen. CSU-Chef Markus Söder unterstützt allerdings den Wunsch der jungen Unionsabgeordneten, erneut mit der SPD zu verhandeln und den Entwurf selbst zu verändern. Die SPD lehnt das aber bislang ab.
In jedem Fall drängt die Zeit, denn die Regelungen zur Haltelinie sollen zum Jahreswechsel in Kraft treten. Dies ist wegen der zum 1. Juli 2026 turnusmäßig anstehenden Rentenerhöhung relevant. Sorgen müssen sich Rentnerinnen und Rentner aber nicht machen: Würde die Haltelinie auslaufen und stattdessen der Nachhaltigkeitsfaktor wieder greifen, läge die Rentenerhöhung 2026 laut Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung sogar ein wenig höher, als wenn das Rentenpaket wie geplant in Kraft träte.