Jetzt ziehen die Sternsinger los

Für eine friedliche Zukunft ihrer Altersgenossen im Libanon sammeln im Januar etwa 300.000 Kinder als Sternsinger Spenden. Das Geld geht auch an Hilfsprojekte, die religiöse Vielfalt nicht als Hindernis für Frieden sehen.

Sternsinger in Aktion
Sternsinger in AktionPeter Roggenthin / epd

Osnabrück. Der Libanon steht im Fokus der Sternsinger-Aktion 2020. In ganz Deutschland werden rund um das Dreikönigsfest am 6. Januar etwa 300.000 als Heilige Drei Könige verkleidete Kinder von Haus zu Haus ziehen und um Spenden für ihre Altersgenossen in dem Land am östlichen Mittelmeer bitten. Sie sollen „Friedensbringer“ sein. Das von ihnen gesammelte Geld wird diesmal vordringlich für Hilfsorganisationen eingesetzt, die im Libanon Kinder verschiedener Kulturen und Religionen zusammenbringen und „Vielfalt als Reichtum“ sehen, wie Dirk Bingener, Präsident des Kindermissionswerks „Die Sternsinger“, erläutert.

Religiöse und kulturelle Vielfalt ist im Libanon mit seinen etwa 6,2 Millionen Einwohnern Alltag. Auf engem Raum leben Christen verschiedenster Konfessionen, schiitische und sunnitische Muslime, daneben Drusen, Alawiten und Juden. Seit Ausbruch des Syrienkriegs 2011 sind zudem nach Schätzungen etwa 1,7 Millionen Flüchtlinge ins Land gekommen. Sie verursachen zunehmend auch wirtschaftliche Spannungen. Dies sowie die Wunden aus Bürgerkrieg, Terror und Kriegen in der Vergangenheit prägen das Leben.

Krieg im kollektiven Gedächtnis

Im Libanon gehöre der Krieg zum kollektiven Gedächtnis, sagt die Muslimin Nayla Tabbara. Auch bei Kindern und Jugendlichen sei er durch die Erzählungen der Eltern immer noch präsent. „Wir haben grauenhafte Erinnerungen und wir tragen viel Wut in uns, mit der wir nie umzugehen gelernt haben.“

Zusammen mit Christen hat Tabbara 2006 die Adyan-Stiftung gegründet, eines der von der Aktion Dreikönigssingen geförderten Projekte. Ihr Ziel ist es, das gegenseitige Misstrauen abzubauen und ein friedliches Zusammenleben zu fördern. Sie setzt auf Bildung und Dialog. In dem Stiftungsprogramm „Alwan“ beschäftigen sich Jugendliche an 42 libanesischen Schulen mit Fragen der Weltreligionen und der eigenen Identität. Sie lernen, gewaltfrei zu kommunizieren, und leisten soziale Dienste.

Rolf Zöllner / epd

Bei Friedensbemühungen werde bislang Vielfalt in der libanesischen Gesellschaft beiseite geschoben und ignoriert, erklärt Tabbara. Man glaube, persönliche Gefühle und religiöse Zugehörigkeiten hätten in der Öffentlichkeit nichts verloren. Das aber sei falsch: „Religionen können Teil der Lösung sein.“ Sie könnten für sozialen Zusammenhalt und eine friedvolle Gesellschaft sorgen – so lange eine einzige Religion sich nicht als die Lösung ansieht, schränkt Tabbara ein.

Inzwischen gibt es auch „Alwan Junior“ für Kinder ab der dritten Klasse. In dem Alter machten sie sich das erste Mal Gedanken über ihre Religion, so Tabbara. Die höheren Jahrgänge entwickelten an Universitäten oder am Arbeitsplatz Netzwerke, in denen das Denken und die Arbeit von Adyan sich fortsetze.

Weltweit größte Solidaritätsaktion

Daneben gehen Spenden aus der Aktion Dreikönigssingen etwa an den Jesuiten Flüchtlingsdienst im Libanon. Dieser setze vor Ort neben der Grundversorgung mit Nahrung, Medikamenten und Kleidung ebenfalls auf die Schulbildung, sagt der Regionaldirektor im Nahen Osten, Nawras Sammour. Die meist traumatisierten Menschen aus Syrien brauchten psychosoziale Betreuung und die Vermittlung von Werten wie etwa des gewaltfreien Handelns.

Ebenfalls von den Sternsingern unterstützt wird die Caritas im Libanon, so Bingener. Der Verband organisiert etwa Hausaufgaben- und Freizeitprogramme für Kinder unterschiedlicher Herkunft und Religion in der libanesischen Hauptstadt Beirut. Darüber hinaus würden mit dem Geld weitere rund 1.800 Partnerprojekte in über 100 Ländern gefördert.

Die Aktion Dreikönigssingen wird am 28. Dezember in Osnabrück eröffnet. Das Motto lautet „Segen bringen. Segen sein. Frieden! Im Libanon und weltweit“. Seit 1959 hat sich das Sternsingen zur weltweit größten Solidaritätsaktion von Kindern für Kinder entwickelt. Seitdem wurden rund 1,14 Milliarden Euro gesammelt für mehr als 74.000 Projekte in Afrika, Lateinamerika, Asien, Ozeanien und Osteuropa. Bei der vergangenen Aktion kamen 50,2 Millionen Euro zusammen. Träger der Aktion Dreikönigssingen sind das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ und der BDKJ, der Dachverband katholischer Jugendorganisationen. (KNA)