Jeden Tag eine gute Tat: Schritt für Schritt zu mehr Klimaschutz
Das Fahrrad ist klimafreundlicher als das Auto, der Hummus klimaschonender als das Schnitzel – das wissen viele Menschen, handeln aber nicht dementsprechend. Woran liegt das?
Für den Klimaschutz machen viele kleine Handlungen nach Worten von Petra Dickel einen Unterschied. „Wichtig ist vor allem, sich selbst noch häufiger an die Nase zu fassen und sich zu fragen: Was kann ich heute konkret für den Klimaschutz tun?“. Niemand könne oder müsse von heute auf morgen die Welt revolutionieren, „aber man kann heute mit dem ersten Schritt anfangen“.
Ideen gebe es viele, so die Forscherin weiter: vielleicht doch das Fahrrad zu nehmen, bewusst Wasser zu sparen oder einen Veggie-Day einzulegen. „Es wirklich zu tun, ist der Knackpunkt.“ Dafür könne ein Vorsatz wie „jeden Tag eine gute Tat fürs Klima“ hilfreich sein – „und am nächsten Tag vielleicht zwei oder drei“. Aus der stetigen Wiederholung entwickelten sich irgendwann neue Routinen, und dann sei man „schon einen großen Schritt weiter“.
Widersprüchliches Verhalten hat viele Gründe
Dickel erforscht an der Fachhochschule Kiel das widersprüchliche Verhalten von Menschen im Zusammenhang mit dem Klimawandel („Kognitive Einflussfaktoren der Klima- und Umweltschutzkommunikation“). Im Alltag fänden sich viele Beispiele dafür. Beispielsweise wüssten die meisten Menschen, dass das Fahrradfahren oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel klimaschonend seien: „Dennoch steigen wir ins Auto oder fliegen in den Urlaub – und produzieren mehr CO2, als es notwendig wäre.“
Dies hänge zwar auch von den Rahmenbedingungen ab, „aber in vielen Fällen ist es schlicht bequemer, darüber nicht nachzudenken. Oder wir finden Rechtfertigungsmechanismen wie: Letzte Woche bin ich mit dem Fahrrad gefahren, also kann ich heute wieder das Auto nehmen.“ Die Gründe dafür sind nach Worten der Expertin vielschichtig: „Kulturelle Unterschiede spielen eine Rolle, aber auch der Stand von Wissen, Einstellungen und Erfahrungen unterscheidet sich.“
Klimakrise für viele nur „Punkt auf der Agenda“
Die Münchner Theologin und Philosophin Claudia Paganini sieht zudem weiterhin eine verbreitete Leugnung beziehungsweise Relativierung des Klimawandels – oder eine gewissermaßen alibimäßige Beschäftigung damit: „Das Thema darf vorkommen, aber damit ist kein Anspruch verbunden“, erklärte sie. Politik, Medien und Gesellschaft sprächen zwar über die Klimakrise, „aber das war es dann auch schon, das Thema erscheint als weiterer Punkt auf der Agenda, der abgehakt wird und keine weitere Rolle mehr spielt.“
Klimaaktivistinnen und -aktivisten störten diese Haltung, so Paganini: „Deswegen lösen sie vermutlich auch so massive Aggressionen aus.“ Zudem lasse sich niemand gern mit Vorwürfen konfrontieren, die einen wahren Kern hätten, „und genau das tun die Aktivistinnen und Aktivisten“.
Dickel spricht in diesem Zusammenhang von einem „Störgefühl“, das Menschen sich so lange zurecht legten, bis es doch wieder passe. „Wir sehen andere, die wenig fürs Klima tun – und fühlen uns selbst entlastet. Oder wir denken: Das habe ich doch immer so gemacht, es hat viele Vorteile, das so zu machen. Diese inneren Widersprüche sind uns oft nicht bewusst, beziehungsweise wir versuchen, diese schnell aufzulösen.“