“Teresa – Ein Leben zwischen Licht und Schatten” ist ein biografisches Drama über sieben entscheidende Tage im Leben von Mutter Teresa.
Es ist August 1948, wie es auf einer Schrifttafel heißt, mitten im Schmelztiegel von Kalkutta. Schwester Teresa (Noomi Rapace), die mit bürgerlichem Namen Anjeze Gonxhe Bojaxhiu heißt, lebt als Nonne im katholischen Loreto-Orden, der sich der Bildungs- und Missionsarbeit in Indien verschrieben hat. Teresa, die als Lehrerin tätig ist, hat an den Papst geschrieben und ihn um Erlaubnis gebeten, das Kloster verlassen und ihren eigenen Orden gründen zu dürfen. Sie will sich als Missionarin der Nächstenliebe den Ärmsten der Armen widmen. Doch die Antwort aus Rom lässt auf sich warten.
Mit dicken Tageszahlen, wie ein Countdown heruntergezählt von sieben bis null, erzählt der Film von Teresas letzter Woche im Konvent. “Ich bin eine Frau in einem System, das von Männern geführt wird”, beklagt sie sich bei Pater Friedrich (Nikola Ristanovski), der dem Orden vorsteht. “Männer, Männer, Männer” – man merkt förmlich, wie unwohl sich Teresa im Kloster fühlt, eingeschlossen hinter hohen Mauern und versperrten Türen.
Zugleich ist sie aber immer dafür, auf Einhaltung der strengen Regeln zu bestehen; besonders der Verzicht auf jeglichen Besitz ist ihr wichtig. “Unsere Pflicht steht über unserem Willen”, sagt sie einmal. Sie macht den Vorschlag, den Schwestern Nummern statt Namen zu geben. So seien sie alle gleich; keine würde hervorgehoben. Schwester Agnieszka (Sylvia Hoeks) soll Teresas Position einnehmen, sobald der Papst sein Okay gegeben hat. Es gibt allerdings ein Problem: Agnieszka ist schwanger. Schwester Teresa ist entsetzt und enttäuscht: “Ich würde mein Leben niemals dem irdischen Vergnügen überlassen.” Ihr bleibt nicht mehr viel Zeit, eine Lösung zu finden.
Mit einem Mal bewegt sich der Film von Regisseurin Teona Strugar Mitevska im Fahrwasser eines fiebrigen Horrorfilms. Noomi Rapace fegt wie eine Furie durch die Flure. Sie wischt das Blut auf, das aus Schwester Agnieszkas Wunden fließt, sie zieht Maden aus den Wunden eines an Lepra erkrankten Bettlers, der währenddessen masturbiert und kichert. Ihre Augen, die bislang so starr und bestimmend geschaut hatten, kreisen unaufhörlich, ihre Kopfhaut glänzt vor Anspannung.
Nachts quälen sie Visionen eines kleinen Jungen, der ihr Brotmehl ins Gesicht pustet. Das Zimmer, in dem sie Schwester Agnieszka beisteht, wird plötzlich immer kleiner, als sei dies ein Beitrag zur “Saw”-Reihe. Höhepunkt der Irritationen ist das ekstatische Headbangen der Nonnen zu dem Song “Hard Rock Hallelujah”. Mit diesem Song gewann die finnische Hardrock-Band Lordi 2006 den Eurovision Song Contest.
Mutter Teresa und der ESC – das ist eher ein alberner Einfall als ein erhellendes Element. Die Unvereinbarkeit der Pole macht das Dilemma des Films deutlich. “Teresa” will auf der Basis von Fakten (so steht es im Abspann) eine wegweisende Woche im Leben von Mutter Teresa nachzeichnen und ihren Konflikt zwischen Pflicht und Wille, Glaube und Enttäuschung erläutern. Doch die Regisseurin, die wie Mutter Teresa in Skopje geboren ist, dockt bei den Nonnenfilmen des italienischen Horrorfilms an, in denen vom Teufel besessene Frauen die verrücktesten Dinge tun.
Vor diesem Hintergrund ergibt auch die Mitwirkung von Noomi Rapace Sinn. Sie wurde als Lisbeth Salander in der Verfilmung der “Millennium”-Trilogie von Stieg Larsson berühmt – eine punkige Hackerin, die sich nach einer großen Demütigung von den Männern nichts mehr gefallen ließ. Wenn sich Teresa am Ende des Films die Haare abschneidet, bevor sie mit der blauweißen Tracht, die sie so berühmt machte, auf die Straßen Kalkuttas hinausgeht, scheint diese Punkerin noch einmal durch. Auch das ist eine Provokation, die Mutter Teresa zwar herausstellt, aber nicht erklärt.