Deutschland droht Iran mit Folgen – Menschenrechtler kritisch
Der Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd ist hingerichtet worden. Die Bundesregierung droht Iran deshalb mit Konsequenzen, ohne diese zunächst zu benennen. Menschenrechtlern und der Familie des Mannes ist das zu wenig.
Die Hinrichtung des Deutsch-Iraners Jamshid Sharmahd hat nun erste diplomatische Konsequenzen. Wie das Außenministerium auf der Plattform X mitteilte, wurde der Geschäftsträger der iranischen Botschaft in Berlin am Dienstagmorgen einbestellt. Seit der Abberufung des bisherigen Botschafters im Juli sei die Position noch nicht wieder neu besetzt worden. Zugleich sei der deutsche Botschafter beim iranischen Außenminister vorstellig geworden, um gegen die Hinrichtung zu protestieren. Die Familie von Sharmahd und Menschenrechtsorganisationen werfen der Bundesregierung hingegen ein Scheitern ihrer diplomatischen Strategie mit dem Iran vor.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte schon kurz nach Bekanntwerden der Hinrichtung am späten Montagabend das Vorgehen des iranischen Regimes verurteilt und Konsequenzen angekündigt, ohne diese genauer zu benennen. Die deutsche Botschaft in Teheran habe sich unermüdlich für Sharmahd eingesetzt. “Auch hier in Berlin haben wir jeden Tag an diesem Fall gearbeitet.”
Die in den USA lebende Tochter, Gazelle Sharmahd, forderte hingegen von der Bundesregierung Antworten zum Schicksal ihres Vaters. Dieser sei nach seiner Entführung vor vier Jahren im Stich gelassen worden, schrieb Gazelle Sharmahd auf X. “Wir wollen keine Erklärungen oder Beileidsbekundungen.” Stattdessen solle das Auswärtige Amt Beweise für den Tod ihres Vaters vorlegen und eine Rückführung seiner sterblichen Überreste veranlassen. Das Außenministerium kündigte an, den Wunsch von Sharmahd unterstützen zu wollen.
Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) forderte eine deutliche Stellungnahme der Bundesregierung. Diese habe sich unzureichend für das Leben des Verurteilten eingesetzt. Andere Länder hätten etwa Staatsbürger, die im Iran als Geiseln gehalten worden seien, durch Gefangenenaustausche retten können. Sharmahds Tod dürfe nicht folgenlos bleiben, forderte IGFM-Generalsekretär Matthias Böhning. “Die deutsche Außenministerin muss sich nun erklären oder zurücktreten.”
Die Bundesrepublik und auch die USA seien gegenüber dem Iran zu nachlässig, wenn es darum gehe, diplomatischen Druck aufzubauen, so die Organisation. “Warmherzige Treffen, Glückwunschtelegramme und Interesse am Machterhalt der Mullahs aufgrund angeblicher Angst vor einem Machtvakuum nach einem möglichen Systemsturz widersprechen dem glaubwürdigen Einsatz für Menschenrechte.” Die IGFM rief für den Nachmittag zu einer Kundgebung vor dem iranischen Konsulat in Frankfurt auf.
Die iranische Justiz hatte am Montagabend die Hinrichtung Sharmahds verkündet. Er war im Frühjahr 2023 nach Terrorvorwürfen zum Tod verurteilt worden. Seine Angehörigen hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Der in Hannover aufgewachsene Software-Ingenieur galt als Kritiker des iranischen Regimes. Immer wieder prangerte er in den vergangenen Jahren Menschenrechtsverletzungen in der Islamischen Republik an. 2020 soll er bei einer Geschäftsreise nach Dubai von iranischen Agenten entführt worden sein.
Amnesty International sieht die deutsche Diplomatie mit dem Iran durch die Hinrichtung als gescheitert an. “Die Bundesregierung, die zwar immer wieder kritisch Stellung zu den Menschenrechtsverletzungen im Iran bezogen hat, muss sich viel stärker als bisher dafür einsetzen, dass die Todesstrafe im Iran abgeschafft wird und die Praxis der Scheinprozesse beendet wird”, betonte der stellvertretender Generalsekretär in Deutschland, Christian Mihr. Es müsse nun “spürbare strafrechtliche und diplomatische Konsequenzen” geben.