Insulaner setzen ein Zeichen für den Frieden

Auf den Inseln in Nord- und Ostsee sind die Schrecken der Weltkriege nach wie vor bekannt. Jede hat ihre eigene Geschichte.

Friedensdemo auf Helgoland: Aufgrund der Historie der Insel setzen sich hier besonders viele Menschen für den Frieden ein.
Friedensdemo auf Helgoland: Aufgrund der Historie der Insel setzen sich hier besonders viele Menschen für den Frieden ein.epd/Lilo Tadday

Fehrmarn/Hallig Hooge/Helgoland. Der Krieg in der Ukraine führt überall zu Demonstrationen für den Frieden. Auf Fehmarn und auf Hallig Hooge hat das Thema einen besonderen Stellenwert. Allen voran ist aber auf Helgoland der Krieg in die Insel-Geschichte geschrieben: 1807 nutzten die Engländer Helgoland, um gegen Napoleon zu kämpfen, 1890 machte Kaiser Wilhelm daraus eine Festung, im Zweiten Weltkrieg warfen die Engländer 2000 Bomben auf die Hochseeinsel und wollten sie 1947 ganz wegsprengen. „Heute ist Helgoland weltweit die erste Klima- und Klimafriedensinsel“, sagt Helgolands Kantor Gerald Drebes, der das Projekt initiiert hat. „Helgoland war ein Symbol des feindlichen Deutschland, jetzt soll es zum Symbol eines friedlichen Deutschland werden.“

Insulaner gedenken an die wechselhafte Geschichte

Die Forderung nach Frieden ist durch Putins Einmarsch in die Uk­raine aktueller denn je. „Wir hatten am 6. März eine Friedensdemo auf Helgoland, zu der 200 Leute gekommen sind“, erklärt Drebes, „das sind enorm viele, gut zwölf Prozent der Bevölkerung.“ Weitere Demonstrationen und eine Menschenkette folgten. Krieg sei als Thema bei den Insulanern allgegenwärtig. „Es gibt kaum noch Zeitzeugen, aber viele Helgoländer sind vom Leiden ihrer Eltern geprägt und haben die Insel noch voller Bombenkrater kennengelernt.“ Jedes Jahr werde mit zwei Andachten an die wechselhafte Geschichte Helgolands erinnert. „Der Krieg in der Ukraine bringt das Thema wieder nahe an die Menschen heran“, so Drebes.

Auf Hallig Hooge betreut Pastorin Hildegard Rugenstein eine kleine Gemeinde. „Bei der jüngsten Einwohnerversammlung war der Krieg ein großes Thema, viele Familien wollen spontan Menschen aus der Ukraine aufnehmen.“ Die Hilfsbereitschaft sei groß, das Geschehen wecke Mitleid und mache den Menschen bewusst, wie gut sie es haben. „Wir wollen die Friedensinsel Helgoland besuchen, das Projekt hat mich sehr motiviert“, erklärt die Pastorin.

Neben Friedensläuten, dem Singen des Friedenskanons und einer Predigt zum Frieden sei der Krieg in der Ukraine auch das Gesprächsthema beim Kirchenkaffee auf der Hallig. „Die Menschen hier haben einen demütigen Lebensblick“, so Rugenstein. „Das kommt vom Leben mit den Naturgewalten, und auch jetzt stellt sich das Gefühl ein, was wir für kleine Menschen sind.“

Kriegsleid ist im kollektiven Gedächtnis verankert

Auf dem Hooger Friedhof erinnere ein Kreuz mit der Aufschrift „Heimat für Heimatlose“ an die toten Soldaten, die im Ersten Weltkrieg nach der Schlacht bei Skagerrak angeschwemmt wurden. „Tod und Leben gehören bei Hallig Hooge dazu“, sagt die Theologin, „die ständige Gefahr durch das Meer wird nicht verdrängt.“ Das Kreuz auf der Hallig sei ein Symbol für alle unbekannten Toten, derer hier gedacht werde.

Auch auf Fehmarn hat Pastorin Bettina Axt das Bedürfnis der Menschen bemerkt, ein Zeichen für Frieden zu setzen. „Es gab schnell den Impuls, in die Kirche zu gehen, zu beten und Kerzen anzuzünden“, erzählt sie. Kantor Eckhard Kretschmer organisierte eine Andacht, an der Konfirmanden und der Posaunenchor beteiligt waren. „Mittags haben wir das Angebot bekannt gemacht, abends waren viele Menschen aus allen vier Kirchengemeinden da“, sagt Axt.

1945 wurde in der nahen Ostsee die „Cap Arcona“ von Bomben getroffen und sank. „An Bord waren KZ-Insassen, teils sind ihre Gräber auf Fehmarn. Das Leid aus dem Krieg ist hier im kollektiven Gedächtnis“, so Axt. Aus dem Gefühl der Ohnmacht sei eine Initiative für Frieden entstanden. Jeden Sonntag um 18 Uhr wollten sich Menschen auf dem Markt für den Frieden versammeln.