Institut: Militärhilfe-Stopp kostet Deutschland mehr als Fortführung

Ein Stopp der Militärhilfe für die Ukraine kostet Deutschland laut dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) „viel mehr“ als die Fortführung. Zwischen dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 und August des laufenden Jahres seien Militärhilfen in Höhe von 10,6 Milliarden Euro geflossen, teilte das IfW am Sonnabend in Kiel mit. Das entspreche im Schnitt rund 4 Milliarden Euro jährlich bzw. etwa 0,1 Prozent des deutschen Bruttoinlandprodukts (BIP). Ein aktueller Kiel Policy Brief komme zu dem Schluss, dass ein Stopp dieser Hilfen und ein daraus resultierender russischer Sieg jedes Jahr das 10- bis 20-Fache kosten könnten, hieß es.

Die Studie nennt vor allem drei Gründe, die für hohe zusätzliche Kosten sorgen würden. So müsste Deutschland erstens einen Zustrom zusätzlicher Geflüchteter bewältigen und damit weitere Kosten für Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Bildung stemmen. Zweitens müsste die Bundesrepublik ihre Beiträge zur Sicherheit Europas erheblich steigern. Drittens wäre sie mit Kosten durch Handelsunterbrechungen und den Verlust von Direktinvestitionen in der Ukraine konfrontiert. Dazu kämen indirekte Belastungen aus dem Wegfall der westlichen Abschreckung, was die Wahrscheinlichkeit künftiger Konflikte erhöhe, und die Verluste durch entgangene Handels- und Wachstumsmöglichkeiten.

Das IfW nannte die militärische Unterstützung Deutschlands für die Ukraine seit 2022 „aus makroökonomischer Sicht gering“. Während des Ersten Golfkriegs 1991 habe Deutschland in einem einzigen Jahr etwa 0,6 Prozent des damaligen BIP gezahlt, was einem heutigen wert von 25,5 Milliarden Euro entspreche.

„Allein aus ökonomischer Perspektive, wenn wir politische und humanitäre Gründe außen vor lassen, ist es in Deutschlands Interesse, mehr Militärhilfe für die Ukraine zu leisten, weil es letzten Endes die günstigere Alternative für uns ist“, erklärte Johannes Binder, Wissenschaftler am IfW Kiel und Ko-Autor des Kiel Policy Briefs.

Die Studien-Autoren argumentieren zudem, dass aus ökonomischer Perspektive Moskau nur dann zur Aufnahme ernsthafter Friedensverhandlungen bewegt werden könne, wenn das Regime keine Aussicht auf einen militärischen Sieg hat und nicht mehr auf eine Erschöpfung der Ukraine oder ein Ende der westlichen Unterstützung spekulieren kann. Binder: „Der beste Weg zum Frieden ist deshalb ein Mehr an Militärhilfe statt die bisherige in Frage zu stellen.“