„Auch eine Auktion ist Kunst“, sagt Hannes Langbein, Kunstbeauftragter der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg- schlesische Oberlausitz (EKBO) und Direktor der Stiftung St. Matthäus. 54 Werke sind es, die für die Jubiläumsauktion der EKBO im 30. Jahr zugunsten von Geflüchteten zusammengekommen sind. Die Zusammenstellung der Werke ist dabei entscheidend – es sind Bilder mit politischem Hintergrund oder sie wurden von Menschen mit Fluchterfahrung erschaffen.
Auch eine Jacke gibt es am 29. November ab 18 Uhr in der St. Matthäus-Kirche im Berliner Kulturforum zu ersteigern. Auf deren Rückseite sind die Zähne eines Menschen zu sehen, der einen langen Weg hinter sich hat. Auf dem Werk von Ziad Sheno ist zu lesen: „Jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort. Dort treffen wir uns. Rumi 2024“, ein abgewandeltes Zitat des persischen Mystikers und Dichters Rumi (1207–1273). Das Mindestgebot für das Bild liegt bei 260 Euro. Der kurdische Künstler Ziad Sheno aus dem Irak lebt seit 2000 in Deutschland. Er weiß, was es heißt, sein Land verlassen zu müssen. „Eine Auktion ist keine Ausstellung, bei der es ein bestimmtes Thema gibt, Auktion heißt auch Verkauf“, sagt Hannes Langbein. „Wir haben versucht, eine Balance hinzubekommen aus thematischen und schönen Werken“, fasst der Kunstbeauftragte der EKBO den Prozess im Hinblick auf die Zusammenstellung der Auktion zusammen.
Foto von Schlingensief
Seit nunmehr drei Jahren findet die Auktion in der St. Matthäus-Kirche in der Nähe vom Potsdamer Platz statt. Der Wechsel von der Heilig-Kreuz-Kirche in Kreuzberg nach Tiergarten erfolgte im Zuge eines Generationswechsels. Eine Jury wählt die Werke aus, die versteigert werden oder fragt die Künstler*innen an, ihre Werke zur Verfügung zu stellen. Abgesagt hat in diesem Jahr niemand.
Der erhoffte Erlös für die Auktion liegt bei rund 40000 Euro. Damit diese Summe erreicht werden kann, liegen die Mindestgebote zumeist recht niedrig, um dadurch einen lebhaften Bieterwettbewerb zu entfachen. Das niedrigste Gebot beginnt bei 50 Euro. Das Mindestgebot für ein Porträt des deutschen Film- und Theaterregisseurs, Autors und Aktionskünstlers Christoph Schlingensief (1960–2010) liegt bei 400 Euro. Das Bild hat eine der beiden Schirmherrinnen der 30. Kunstauktion der EKBO, die Schauspielerin und Fotografin Margarita Broich, beigesteuert. Die ehemalige TV-Kommissarin des Frankfurter „Tatorts“ hat in der St. Matthäus-Kirche im Stadtteil Tiergarten einen Ort gefunden, an dem sie Ruhe findet. Die Möglichkeit Schirmherrin und Spenderin für die Kunstauktion zu sein, nahm sie gern an.
Schlingensief hat sich in seinem Werk immer wieder mit den Themen Kirche und Glauben auseinandergesetzt –nutzte religiöse Motive oft provokativ, um existenzielle Fragen zu stellen. Das Foto zeigt den Künstler in Schwarz-Weiß. Schlingensiefs Hände berühren die Decke, er schaut mit wachem Blick in die Kamera.
Pfarrer Matthias Puppe, Landeskirchlicher Pfarrer für Migration und Integration, sagt: „Der christliche Glaube ist keine theoretische, abstrakte Angelegenheit, sondern sehr konkret, und ich finde es sehr gut, dass hier sehr konkret wird, Hungrigen zu essen, Durstigen zu trinken zu geben, und nicht zuletzt Fremde zu beherbergen. Das ist Kernaufgabe unserer evangelischen Kirche.“ Mit den Erlösen von vergangenen Auktionen wurden zuletzt verschiedene Initiativen und kirchlich-diakonische Projekte in der Flüchtlingsarbeit unterstützt. Matthias Puppe betont, wie viele Menschen sich haupt- und ehrenamtlich „in den unendlichen Weiten der Landeskirche in Berlin und vielen, vielen anderen Teilen vom Norden bis nach Görlitz für Geflüchtete einsetzen“.
Viele Projekte profitieren
Profitiert von der Auktion hat in der Vergangenheit unter anderem das Onlineportal „Amal, Berlin!“ – einem 2016 von der damals noch existierenden Evangelischen Journalistenschule in Berlin (EJS) mit Unterstützung durch die EKD und das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) gegründeten Netzwerk geflüchteter Journalist*innen. Nach Deutschland Geflüchtete erhalten dort lokale Nachrichten auf Arabisch, Ukrainisch und Farsi/Dari.
Aber auch Einzelfallhilfen werden finanziell gefördert oder zwei Chöre, ein deutscher und ein ukrainischer, die zusammen ein Weihnachtskonzert in Schwedt aufführen werden. In den zurückliegenden 30 Jahren hat sich rund um die Auktion ein breites Netzwerk gebildet, das Teil der Flüchtlingshilfe ist. Und auch die Nachbarn rund um die St. Matthäus-Kirche beteiligen sich an der Auktion – die neue Nationalgalerie, die Philharmonie, das Kunstgewerbemuseum, die Staatsbibliothek und die Gemäldegalerie, – jeweils mit einem Kunstevent während der Auktion.
Matthias Puppe war bei der Auktion im vergangenen Jahr das erste Mal selbst vor Ort, als Besucher. Der Pfarrer erlebte einen bewegten Abend, eine dynamische Auktion und verlieh seinem Premierenbesuch das Prädikat: „Muss man erlebt haben.“
„Kunst hilft helfen. 30. Kunstauktion für Flüchtlingshilfe“. 29. November, 19 Uhr, St. Matthäus-Kirche, Matthäikirchplatz, Berlin-Tiergarten. Alle Werke sind vorab zu den Öffnungszeiten der St. Matthäus-Kirche und online zu sehen. Mehr unter: www.stiftung-stmatthaeus.de
