Impulsiv, unangepasst und begeistert vor der Kamera

„Ich überprüfe, was wirklich wichtig ist. Vielleicht drehe ich nicht mehr ganz so viele Filme – eine völlig neue Erfahrung“, sagte Nicolas Cage kürzlich dem US-amerikanischen TV-Magazin „Entertainment Tonight“. Das wäre tatsächlich ein ungewöhnlicher Schritt für den Schauspieler und Produzenten, der am 7. Januar 60 Jahre alt wird: Allein 2023 stand Nicolas Cage sechsmal vor der Filmkamera. In „Dream Scenario“ beispielsweise, ab 8. Februar im Kino, verkörpert er einen graubärtigen Hochschullehrer mit Brille und unruhig-hektischen Augen, der zu seiner Verwunderung in den nächtlichen Träumen anderer Menschen auftaucht.

Cage gilt als einer von Hollywoods exzentrischsten Stars, groß und schlank, mit leicht kantigen Zügen, meist ernstem Blick, der sich vor der Kamera zu wilden Grimassen steigern kann. Er verbeißt sich in seine Rollen, spielt gern abseitige Typen. In dem Thriller „Sympathy for the Devil“ (2023) verkörpert er einen Psychopathen und Entführer eines Mannes, der gerade auf dem Weg ins Krankenhaus zur Geburt seines Kindes ist. Als drogen- und spielsüchtiger Polizist beeindruckte er 2009 in Werner Herzogs „Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen“. Cage lieh auch schon mal einer Ameise die Stimme – 2006 in „Lucas, der Ameisenschreck“.

Als Nicolas Kim Coppola kommt er 1964 in Long Beach in Kalifornien zur Welt. Seine Mutter Joy Vogelsang ist eine Tänzerin und Choreografin mit deutschen Vorfahren, seine Großmutter stammt aus Cochem an der Mosel. Die schweren Depressionen seiner Mutter belasten Nicolas‘ Kindheit immens. In der Schule sei er nicht sonderlich beliebt gewesen. Durch die Schauspielerei habe er zu sich selbst gefunden, sagte er einmal der „Augsburger Allgemeinen“. Nicolas bricht die Schule ab, studiert an der UCLA School of Theater, Film and Television.

Sein Onkel ist Oscarpreisträger Francis Ford Coppola, der sich höchst erfolgreich im nahen Hollywood als Regisseur betätigt – 1972 kommt „Der Pate“ heraus, 1979 „Apocalypse Now“. Der Name Coppola ist Nicolas zu bekannt: Er nennt sich Cage, nach der Comic-Figur Luke Cage und dem Künstler John Cage. Onkel Francis setzt seinen Neffen 1983 in dem legendären Motorrad-Gang-Drama „Rumble Fish“ ein, kurz darauf in „Cotton Club“ und „Peggy Sue hat geheiratet“.

Cages Karriere kommt in Fahrt. In Norman Jewisons Komödie „Mondsüchtig“ glänzt er neben Cher, in David Lynchs Roadmovie „Wild at Heart – die Geschichte von Sailor und Lula“ neben Laura Dern. 1995 bringt ihm Mike Figgis‘ Drama „Leaving Las Vegas – Liebe bis in den Tod“ dann den Durchbruch. Cage überzeugt als alkoholkranker, verzweifelter Drehbuchautor und wird mit einem Oscar und einem Golden Globe als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Etliche Auszeichnungen folgen, darunter auch ein Stern auf Hollywoods Walk of Fame.

Bekannt ist er auch für sein Engagement für Amnesty International. Im Dezember 2009 erhält Cage darum von den Vereinten Nationen die Auszeichnung „Weltbürger des Jahres“ und wird zum UN-Botschafter guten Willens ernannt.

Das Privatleben des Stars passt zu einem Hollywood-Melodram. Es ist geprägt von kurzlebigen Beziehungen und Ehen, er war unter anderen mit Patricia Arquette und Lisa-Marie Presley verheiratet. Cage hat drei Kinder von drei Frauen – Sohn Weston, Jahrgang 1990, machte ihn schon zum Großvater. Sohn Ka-El wurde 2005 geboren, Tochter Augusta Francesca 2022. Mutter ist seine aktuelle Ehefrau Riko Shibata.

„Ich bin ein Grufti“, sagte Cage einmal der „Los Angeles Times“ und spielte damit auf eines seiner ungewöhnlichen Haustiere an: eine intelligente Krähe. Das Grufti-Element passt zu Cages Rollen als Dracula. 1989 lässt er sich in „Vampire’s Kiss“ von einem braven Literaturagenten in einen Vampir verwandeln, der sich für unsterblich hält, mit Plastikzähnen Frauen attackiert und immer weiter in den Wahn rutscht. 2023 ist er in der Horrorkomödie „Renfield“ erneut ein Vampir, der am Ende in einer Selbsthilfegruppe landet.

Es ist ungewöhnlich, dass ein Schauspieler sich selbst spielt. Bei Nicolas Cage passt das perfekt – In Tom Gormicans Komödie „Massive Talent“ (2022) ist er ein Schauspieler namens Cage, der gefühlvoll und witzig von einem Finanz- und Familienproblem zum anderen stolpert. Mit Finanz- und Familienproblemen kennt der Star sich aus. Sein luxuriöser Lebensstil und die Begeisterung für ungewöhnliche Immobilien brachten ihn um 2010 im Zusammenhang mit der Weltfinanzkrise in Schwierigkeiten. Er beglich seine Schulden unter anderem, indem er Schloss Neidstein in der Oberpfalz verkaufte, das er 2006 erworben hatte.

Im Gespräch mit „Entertainment Tonight“ gibt Nicolas Cage sich mittlerweile altersweise: „Also, die 60 rücken näher. Ich würde gern ein Buch pro Woche lesen. Ich möchte mehr Zeit mit meiner Tochter verbringen.“