Im Kreislauf der Natur: Baumbestattungen liegen im Trend

Zum Trauern an ein Grab in den Wald zu gehen, ist in Deutschland seit 2001 möglich. Die Nachfrage nach einer Bestattung in der Natur steigt, die Bedeutung traditioneller Friedhöfe lässt nach.

Die Auswahl an Bestattungsformen nimmt stetig zu
Die Auswahl an Bestattungsformen nimmt stetig zuepd-bild/privat

Ein einfach gezimmertes Holzkreuz auf einer Lichtung und ein paar Holzbänke. Mehr ist es manchmal nicht, was den Spaziergängern im Wald zeigt: Das ist ein besonderer Ort. Erst dann nehmen sie vielleicht die feinen Plaketten an den Baumstämmen wahr, die daraufhin weisen, dass sich dort Urnengräber befinden.

Im Jahr 2001 wurde der erste deutsche Bestattungswald eröffnet. Auf eine Umfrage von Aeternitas, der Verbraucherinitiative Bestattungskultur, antworteten 2022 die meisten Deutschen, dass sie am liebsten in einem Bestattungswald beigesetzt würden. 18 Prozent bevorzugten eine „pflegefreie Bestattungsform auf dem Friedhof“. 2016 konnten sich die meisten noch ein Sarggrab auf einem Friedhof vorstellen.

Schleswig-Holstein hat bereits elf Ruheforste

„Das wird weiter steigen“, bestätigt auch Matthias Budde von der Ruheforst GmbH, einem der zwei Marktführer der Bestattungswälder in Deutschland, die Statistik. Gerade wurde der 85. Ruheforst im niedersächsischen Hellwege eröffnet.

In Schleswig-Holstein gibt es heute, neben weiteren Bestattungswäldern, elf Ruheforste. 2007 eröffnete der erste in der Segeberger Heide. „Etwa die Hälfte ist in kommunaler Trägerschaft“, sagt Matthias Budde über die bundesweite Verteilung. Die andere Hälfte der Wälder, die gesetzlich als Friedhof gelten, gehört Privateigentümern. Der hohe Norden hat zwei Ausnahmen: Der Ruheforst Flensburger Förde Glücksburg und der Ruheforst Kirchengemeinde Ostenfeld sind in kirchlicher Trägerschaft.

Es gibt immer mehr Menschen, die ein "friedhofsästhetisches Einerlei" nicht mehr wollen
Es gibt immer mehr Menschen, die ein "friedhofsästhetisches Einerlei" nicht mehr wollenepd-bild/Jens Schulze

Die Wälder werden zu neuen Orten des Abschieds, während Friedhöfe verwaisen – laut Aeternitas werden teilweise mehr als 50 Prozent der Friedhofsfläche nicht für Bestattungen genutzt. Jan Roßmanek, Bestattungspastor der Ritualagentur st. moment aus Hamburg, bleibt trotzdem gelassen. „Die Angebote können gut nebeneinander koexistieren.“ Die Vielfalt des Bestattungsmarktes sieht er als Chance, Konkurrenz belebe schließlich das Geschäft.

Kirchliche Friedhöfe offen für neue Bestattungsformen

So bieten auch kirchliche Friedhöfe längst Baumbestattungen an oder zeigen sich durch besondere Beete und Parkanlagen offen für neue Möglichkeiten. „Den Menschen ist die Trägerschaft wumpe – heute vielleicht noch mehr als vor 20 Jahren. Das ist eine Wahrheit, die wir akzeptieren müssen“, sagt Roßmanek.

Häufig gestaltet der Pastor Beisetzungen in den Wäldern um Hamburg. „Abschiede in der Natur habe ich nie als unstimmig erlebt“, sagt er. Wichtiger sei, dass Menschen einen Ort wählen, wo sie sich aufhalten möchten. Viele äußerten das Bedürfnis, zurück in den Kreislauf der Natur zu kommen. „Man ist den Jahreszeiten ausgesetzt, spürt den Waldboden mit seinen Unebenheiten unter seinen Füßen.“

Bestattung bleibt eine Herzensangelegenheit

Neben der Sehnsucht nach Verbundenheit zeigen Studien einen weiteren Grund, weshalb sich Menschen vor ihrem Tod für eine Baumbestattung entscheiden: Natur braucht keine Pflege, Angehörige müssen sich nicht um ein Grab kümmern. Und sie ist je nach Wahl eines Baumes und einer Grabart eine günstige Bestattungsform. „Alles hat letztlich auch mit dem monetären Aufwand zu tun“, bestätigt Bestattungspastor Roßmanek. Er beobachtet, dass immer mehr Menschen vorsorgen und vor ihrem Tod eine Summe ansparen, die für ihren Abschied bestimmt ist.

Was Roßmanek jedoch vermisst, sind Gespräche. „Sarg oder Urne? Pastor oder Redner? Wenn man über derartige Dinge schon vorher spricht, erleichtert das den Abschiedsprozess.“ Zum Ewigkeitssonntag empfiehlt er gemeinsame Spaziergänge, ob über Friedhöfe oder in Bestattungswälder, um Orte für die eigene Bestattung zu finden. „Meistens kann man ihn gar nicht erklären. Er bleibt eine Herzensangelegenheit.“